Ulm - Frankfurt - Rom Wenn es diese Vorstellung vom Lehrer gibt, der am letzten Schultag mit gepacktem Koffer in die Schule kommt und am Ende der Ferien ganz knapp wieder einfliegt - heute bin ich das lebende Klischee. Mein Zug zum Flughafen fährt 27 Minuten nach Schulschluss. Das ist hyperknapp. Die Faschingsferien sind aber auch kurz. Vorher habe ich noch schön Spaß bei der Faschingsfeier mit meinen Schülern. Lehrer sein ist einfach klasse. In meinem Klassenzimmer tobt die Schuldisko. Alles tanzt, alle haben Spaß. Bis auf die Schüler, die draußen auf dem Gang beleidigt, geschubst und geschlagen werden. Auch die Schüler, die sich so aufregen, dass es kaum möglich ist sie davon abzuhalten andere Kinder zu verletzen, haben keinen Spaß. Am Ende sind es mehrere Kinder, bei denen ich ernsthafte Bedenken habe, dass der Kopf vor lauter Aggression platzt. Es wird geschrien und gebrüllt, gejammert und gemotzt. Das große Jahresthema von letztem Schuljahr "Respekt", habe ich in dieses Jahr verlängert. Das Motto des Monats ist: "Motz nicht." Mein persönlich Motto mit dieser Klasse ist: "Never, ever, ever, ever give up." Am Ende des Schultages muss die Rektorin kommen und einschreiten. Es tut mir so leid zu sehen, wie die friedlichen Schüler der Klasse unter den Anschiss leiden. Ich bin niemand böse, ich kann sowieso alles verstehen, aber enttäuscht bin ich schon. Gestern haben wir uns ein Video eines krebskranken Jungen angeschaut, der in seinem Krankenhausbett zusammen mit Rachel Patten "Fight Song" singt. "What are you fighting for?", war meine Frage an die Schüler. Ein Moment in dem einem die eigenen Probleme klein vorkommen. Zum Abschluss des Tages singen wir auch heute gemeinsam "Fight Song". Und da sind sie wieder alle vereint. 26 Stimmen, 26 Herzen, 26 nichtexplodierte Köpfe. Schön. Im Zug nach Frankfurt führe ich drei Elterngespräche am Telefon, beantworte zwei Elternmails, einige Eltern-WhatsApp, ein Schüler schreibt mir und bedauert sein Verhalten. Ein anderer Schüler setzt einen Verbesserungsvorschlag von mir in der WhatsApp Klassengruppe um und ich bekomme auch noch eine Fotostrecke über die aktuellen Vorbereitungen einer Schülerpräsentation geschickt. Läuft. Am Flughafen in Frankfurt bin ich mit Patrick aus Manila verabredet. Wir sind im Sommer in Indonesien gemeinsam auf zwei Vulkane gestiegen. Patrick arbeitet für die Deutsche Bahn - in Manila. Jetzt ist er für einige Wochen in Frankfurt. Als erstes essen wir Waffeln, die er von Gitta - einer gemeinsamen Vulkanbekanntschaft - aus Amsterdam mitgebracht hat. Die Welt ist klein und die Waffel sehr lecker.
Im Flugzeug tippe ich diesen Text ins Handy und werde dreimal hintereinander von der Crew gefragt, ob ich den Flightmode aktiviert habe. Wie es sich wohl anfühlen würde, wenn ich jetzt auch mal völlig übertrieben reagieren würde und laut schreiend durch den Flieger rennen würde und so weiter. Ich verwerfe den Gedanken an ein Selbstexperiment ganz schnell wieder. Und schon lande ich in Rom, während Patrick bereits im Nachtbus nach Wien sitzt. Die Fahrt mit dem Bus vom Flughafen in die ewige Stadt dauert ganz schön lang. Und dann stehe ich zwar vor dem Hotel, es macht aber niemand auf. Ich schaue nochmal genau in das Kleingedruckte: Check-In bis 18:00 Uhr. Ach komm, das kann nicht ernst gemeint sein. Ist es aber. Auch das Hoteltelefon ist aus. Es hilft alles nichts, ich muss mir schnell was Neues zum Übernachten suchen. So komme ich noch zu einem ausgedehnten Nachtspaziergang durch Rom.
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