Singapur Heute habe ich eindeutig eine Überdosis Tempel abbekommen. Ich kann nicht anders, als viel zu sehr über den Sinn des Lebens, die Antworten der Religionen und die Frage, die ich persönlich aus dem Song der Killers heraushöre nachzudenken: Sind wir Menschen oder Tänzer? Traumtänzer? Oder Marionetten? And I'm on my knees, looking for the answer. Are we human or are we dancers? Ich sehe heute viele Menschen auf den Knien, die ihre Antwort schon gefunden haben. Sie tanzen nach den Regeln, die ihnen eine oder mehrer Gottheiten gegeben haben durchs Leben. Manche werfen sich auf den Boden, manche laufen im Kreis, manche zünden Stäbchen an, manche lassen sich Pulver auf die Stirn tupfen und manche machen Fotos. Welche Antworten oder Fragen auch immer das Leben der Menschen bestimmen, es ist schön zu sehen, wie jeder in seiner Weltanschauung zuhause ist und die Ansichten der Anderen ebenso gelten lässt. So, aber abgesehen von der ganzen universellen Harmonie: Hast du gesehen, dass die Gottheit hier oben links gerade jemand die Gedärme rausreißt?!? Also bitte! Im Sri Vadapathira Kaliamman Tempel komme ich zur Unzeit. Alles zu. Drinnen ist Tanzunterricht. Das Tempelpersonal merkt, dass ich einen langen Hals habe und sehr neugierig bin. Man lässt mich rein und ich darf mir anschauen, wie die drei Tänzerinnen von ihrer Meisterin angeleitet werden. Ich werde aufgefordert zu filmen. Das kann ich machen. Bitteschön: Video Im Sri Veeramakaliamman Tempel (kann man sich unmöglich merken die ganzen Tempelnamen) ist dagegen die Hölle los. Falls man das so sagen darf. Es wird gebetet, gesegnet, geweiht und gespendet auf Teufel komm raus. Mir wird ganz schwindelig und ich hoffe, dass es nicht an dem Kakao liegt, den ich freundlicherweise in die Hand gedrückt bekommen habe. Das war nämlich gar kein Kakao. Irgendwas mit Körnern. Gesund und reinigend meinte der Verteiler. So superdoll wollte ich mich aber innerlich eigentlich gar nicht reinigen lassen... Die heiligen Ablageflächen in den kleinen Schreinerkern werden jedenfalls sehr gründlich gereinigt. Mit Wasser, mit Öl und dann noch mit Milch. Und nochmal mit Milch. Natürlich ist es vorbildlich sehr oft in den Tempel zu gehen. Aber zwischendurch muss man ja auch mal nach Hause oder zur Arbeit. Wie gut, dass man sich dort einen kleinen Hausschrein einrichten kann. Dann ist das Gute immer in der Nähe. Oder wenigstens am Wasserverteiler. Für den Taoistischen Tempel und den Sikh Tempel fehlt mir inzwischen die Geduld. Ich bestaune nur schnell die 3D Bilder bei den Taoisten (glaube ich). Der Tiger kommt wirklich total aus dem Bild heraus. Darauf sind die Tempelwächter sehr stolz. Ich mache artig Fotos. Den roten Tempel nebenan nenne ich Wunschbaumtempel. Man kann seine Wünsche auf Plastikschildchen schreiben und aufhängen. Das kostet aber. Sehr weltlich. Nach dem ganzen Glitzerduftfarbrausch muss ich mich dringend entkitschen. Ich versuche die hässlichsten Hinterstraßen zu finden und ergötze mich an der Ästhetik des Unschönen. Halleluja. Die christlichen Gotteshäuser in Singapur sind im Vergleich zu den Tempeln der Konkurrenz eher schlicht und farblos. Über mangelden Zulauf brauchen sie sich aber nicht beklagen. Um 10:00 Uhr morgens (am heutigen Sonntag) ist die Kirche der Maria von Lourdes so voll, dass einige den Gottesdienst draußen vor der Tür verfolgen. Der Merlion - ein Seelöwe - ist das Wahrzeichen Singapurs. Entsprechend beliebt ist es als Fotohintergrund, weswegen Rücksicht geboten ist, dass man nicht aus Versehen den Fotografen ins Bild läuft. Das Rücksichtnehmen ist wegen der vielen Selfiesticks schwieriger geworden. Man muss nicht nur aufpassen nicht vor den Fotograf zu laufen, sondern auch nicht hinter dem Fotografen zu laufen, wenn dieser gerade selfstickt. Und unterhalb von Filmdrohnen soll man auch keine Faxen machen. Das Wohnzimmer des Fivestones Hostels ist super. Am besten ist die Klimaanlage. Die ist so kräftig, dass ich mir erstmal einen heißen Tee zum Blogschreiben mache. Den Schal hab ich nämlich zuhause gelassen.
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