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Indien

Ein Tag am Wasser

27/12/2015

1 Kommentar

 
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Varanasi
Eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang sind die Gassen noch wie ausgestorben. Ich treffe mich mit Brandon und Hannah am Munshi Ghat. Wir wollen den Sonnenaufgang von Boot aus sehen. Am Ufer des Ganges erwacht langsam das Leben, als wir über das ruhige Wasser tuckern. Hauptsächlich Yoga Grüppchen bevölkern die Stufen. Manchmal klingt es, als würde uns die halbe Stadt auslachen. Eine Übung beim Lachyoga ist es, solange künstlich laut zu lachen, bis draus ein echtes Lachen wird. Jedenfalls überträgt sich die gestellte Heiterkeit auf uns und das sogar in echt.
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Wenn du ein Grundschüler bist, lies bitte diesen Abschnitt nicht weiter. Du kannst im nächsten Abschnitt weiterlesen. Das meine ich ernst. 
Nach der Bootsfahrt laufen wir am Ufer entlang, bis wir zu einem der Burning Ghats kommen. Große Mengen Holz sind hier gelagert und es brennen mehrere Feuer. Dies ist der Ort, an dem die Familien ihre Toten verbrennen lassen. Wir haben uns nicht abgesprochen, ob wir hier wirklich herumlaufen wollen. Aber jetzt sind wir da und alles wirkt so unwirklich und alltäglich zugleich, dass wir gar nicht anders können als hinzusehen. Die männlichen Familienmitglieder stehen dicht um die brennenden Holzhaufen. Männer und Kinder helfen die Feuer in Gang zu halten. Einer der Männer winkt uns zu sich. Wir sollen zum Feuer kommen. Aus dem Feuer ragen die nackten Beine des Verstorbenen heraus. Wir sollten nicht hier sein, es fühlt sich falsch an. Andererseits gehört der Tod zum Leben und das Leben findet hier sehr öffentlich statt. Die Familie des Dahingeschiedenen scheint sich an uns nicht zu stören. Es sind ungefähr 15 Männer. Das Feuer wärmt und Funken steigen auf, als ein dicker Holzscheit abrutscht und die Beine des Toten abbrechen. Jemand benutzt zwei Bambusstäbe um die Körperteile wieder zurück ins Feuer zu legen. Einer der Brennmeister erklärt uns, dass das Verbrennen drei Stunden dauert und die Reste zum Wasser des Ganges gebracht werden. Das Feuer reinigt die verstorbenen Seelen und trennt sie von ihrem irdischen Körper. Verstorbene Kinder und Priester werden nicht verbrannt, sie sind rein und werden dem Ganges direkt übergeben. Sie werden an Steine gebunden und im Wasser versenkt. Manchmal tauchen sie nach einer Zeit wieder auf. Auf einmal bin ich mir nicht mehr so sicher, ob die Puppe, die wir vor Sonnenaufgang im Ganges haben treiben sehen, wirklich eine Puppe war. Wir reden kein Wort und starren in die Flammen. Wenn man jetzt nicht über den Kreislauf des Lebens nachdenkt, wann dann?
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Hier kannst du wieder weiterlesen, egal wie alt du bist :-). 
Brandon und Hannah beschließen noch etwas Schlaf im Hotel nachzuholen und ich laufe weiter am Flussufer entlang. Ich laufe stundenlang und brauche am Mittag eine kleine Pause und setze mich mit einem Tee auf eine Bank am Wasser. 
Amir ist 14 Jahre alt und setzt sich zu mir. Ich bin mir sicher, er will mir etwas verkaufen und so ähnlich ist es auch. Fairerweise sage ich gleich zu Beginn, dass ich mich gerne mit ihm unterhalte, aber nichts kaufen werde, was auch immer es sein wird. Ich habe dafür eine sehr überzeugende Begründung, die so gut ist, dass sie mein Geheimnis bleibt. Amir versteht, bleibt aber trotzdem. Wir tauschen Lebensgeschichten und er erzählt von seinem Vater, der ein Ruderboot besitzt und von seiner Schule. Er möchte auf eine bessere Schule gehen und versucht darum Geld zu verdienen, in dem er Touristen in Geschäfte lockt und dafür eine kleine Provision erhält. Ich frage ihn, wie viel Geld er braucht und wieviel er verdient. Das sein Vorhaben hoffnungslos ist, falls es die Wahrheit ist, sieht er nicht.
Oder doch. Er fragt mich recht unverblümt, ob ich ihn adoptieren würde. In Deutschland wären gute Schulen kostenlos, soviel weiß er. Außerdem kann er schon ein wenig Deutsch. Dazu fällt mir keine so wahnsinnig originelle Ausrede ein, trotzdem nein. Amir behauptet, er würde auch Provision verdienen, wenn ich einen Laden nur anschauen aber nichts kaufen würde. Das glaube ich zwar nicht, trotzdem lasse ich mich in einen Stoffladen führen und sei es nur, um mich in höflich aber bestimmter Konversation zu üben. Die Stoffe sind schön, der Ladenbesitzer ein Meister der Rhetorik und wir diskutieren die Möglichkeiten durch, warum ich vielleicht doch etwas kaufen sollte. Ich verlasse den Laden ohne Stoffe aber mit einem enttäuschten Amir. Ob ich ihn nicht doch adoptieren könnte, fragt er. Please! I am a good kid. Please! You have a good heart.
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Am Abend philosophiere ich bei einem Lassi gemeinsam mit Dan aus New York City über das Kastensystem. Abseits der Metropolen bestimmt im hinduistischen Indien die Kaste in der man geboren wird, welcher Tätigkeit man später nachgehen kann, ob man es zu Wohlstand bringen wird und in welche gesellschaftliche Schicht man heiraten kann. Das klingt überholt und erzeugt in unserem Kulturkreis Kopfschütteln. In unserem Grundgesetz heißt es: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" und dass sich das deutsche Volk zu unverletzlichen Menschenrechten bekennt, als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. In der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung wird das "Recht auf das Streben nach Glück" postuliert. Wie werden wir alle in Zukunft damit umgehen, dass die Welt eher wie das Kastensystem funktioniert, die Geburt bestimmt in welchem Land unter welchen Voraussetzungen ein Mensch sich entwickeln kann? Wir leben in einer globalisierten Welt und profitieren von weltweitem Handel und ungleicher Verteilung von Wirtschaftskraft und Entwicklungsstand. In welchem Maße werden wir das Streben nach Glück anderer respektieren, wie weit werden wir gehen um die Würde der Menschen in der Welt zu schützen und wie ernst meinen wir es mit der Gerechtigkeit in der Welt? Wenn wir uns keine Gedanken darüber machen, sind wir wenig fortschrittlicher als die obere Kaste. Noch ein Lassi, bitte.
1 Kommentar
Helge
27/12/2015 21:59:41

Uff. Da ich kein Grundschüler bin, habe ich weiter gelesen. Ganz schön was los bei deiner Reise. Aber so lernst du recht viel über das Leben und die Kultur. Da ich Wahrscheinlich nie allein so eine Reise machen kann, Englischkenntnise fehlen, freue ich mich um so mehr, alles von dir gezeigt und erzählt zu bekommen.

Danke! ;)

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