Futebol (Fußball) ist Volksreligion in Brasilien. Als mich der Hotelbesitzer fragt, von welchem Team ich Fan bin und ich zugeben muss recht fußballneutral zu sein, glaubt er sich verhört zu haben. Nach nochmaligen Fragen ist er sich sicher, ich bin Bayern Fan. Na gut. Buzios war mal ein kleines Fischerdörfchen, bis Brigitte Bardot den Ort für sich entdeckte. Dann kam der Tourismus. Erst mit dem Flugzeug und später auch mit Kreuzfahrtschiffen. Brigitte Bardot sitzt nun als Bronzestatue am Ufer und ist vom vielen Fotografiertwerden, an manchen Stellen schon ganz blank gescheuert.
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So, jetzt ist mal Schluss mit Samba. Zum Kochen hören wir bei Youtube Weihnachtslieder und Katrin tanzt am Kochtopf "Jingle Belly". Ich bekomme einen süßen kleinen Miniadventskalender und beim Christkind schauen wir auch vorbei. Wenn das kein guter Start in die Adventszeit ist, weiß ich auch nicht. Ansonsten sind wir aus dem Bergland hinunter ans Meer gefahren und bleiben hier für zwei Nächte in Buzios. In der Bucht liegt die MSC Preziosa, ein Kreuzfahrtklotz mit 4000 Passagieren. Deshalb gibt's ausnahmsweise auch mal Europäer im Ort zu sehen. Man erkennt sie leicht am orangefarbenen Strandhandtuch der Reederei über der Schulter. Das Schiff ist noch ganz frisch und erst ein halbes Jahr alt, die Passagiere sind nicht mehr ganz so frisch...
Im Atlantischen Regenwald treffen wir auf eine Straße der Blattschneiderameisen. Das sind schon abgefahrene Tierchen. Was man sehen kann ist, dass die Ameisen aus Baumblättern kleine Teile herausschneiden und diese dann in ihren Bau bringen. Was man nicht sieht ist, dass ihr unterirdischer Bau so groß wie eine Zweizimmerwohnung ist und dabei bis zu 8 Meter tief sein kann. Dort werden die Blattstücke zerkleinert, zerkaut und als Substrat eingesetzt auf dem dann eine leckere Pilzart angebaut wird. Für diese Aktion benötigt so ein Ameisenvolk pro Tag etwa soviel Grünzeug, wie eine Kuh frisst. Eigentlich ist der Wald und seine Seen berühmt für die unglaubliche Vogelvielfalt. Leider hab ich kein Teleobjektiv dabei und die Vögel sind immer zu weit weg. Deshalb statt Fotos ein paar Stimmen, die mir im Wald ins Handy diktiert haben: Zwischen den ganzen Vögeln gibt's auch wahnsinnig große Insekten und Meerschweinchen so groß wie Schäferhunde. Die heißen eigentlich Capybara oder Wasserschweine und sind die größten Nagetiere der Welt. Auf den Rückweg in unser Bergidyll, finden wir die Pfützen auf der Erdpiste erst ganz amüsant, bis sich sämtliche Schleusen im brasilianischen Himmel öffnen. Man hätte den Regenwald sofort in Unterwasserwald umbenennen können, da hatten wir aber zum Glück die befestigte Straße schon wieder erreicht. Die Heimfahrt mit dem Auto war dann eher eine Speedbootfahrt. Unglaublich, wie hoch Wasser beim Fahren spritzen kann.
Die Fahrt nach Nova Friburgo ist wieder mal ganz schön lang und vor allem heiß! Haben wir schon erwähnt, dass wir keine Klimaanlage im Auto haben? Der Stau in Rio ist auf jeden Fall total unangemessen. Noch eine halbe Stunde länger und wir wären weggeröstet gewesen. Vor Rio war's ja noch ganz angenehm. Mit offenem Fenster an der Küste entlang düsen geht ganz gut. Nach Rio wurde es auch wieder besser, denn Nova Friburgo wurde von Schweizern gegründet und die haben natürlich hoch in den Bergen gesiedelt. In den Bergen ist es vergleichsweise frisch (29° C) und es sieht tatsächlich ein wenig nach Bergidyll aus. Nach dem wir die Hitze der Rio-Durchfahrt überstanden haben und den ganzen steilen Berg raufgeklettert sind (na gut, raufgefahren), belohnen wir uns mit eisgekühlten Kokosnüssen. Dabei lernen wir gleich zwei Dinge: Autofahren mit Kokosnuss in der Hand geht kaum und Kokosnüsse gehen ganz schlecht in die Getränkehalter.
In der Nähe von Paraty gibt es genügend Strände, so dass man sich ruhig jeden Tag einen neuen nehmen kann. Und das ganz schön lange. Heute haben wir uns einen Strand ausgesucht an dem es ein paar Menschen, ein paar wilde Hunde und einige wilde Strandpferde gibt. Das Wasser ist so flach, dass man bis zur nächsten Insel laufen kann. Schöööön. Die Sache mit dem Geld: Einen Geldbeutel kann man in Brasilien überhaupt nicht gebrauchen. Niemand bewahrt sein Geld in einem Portemonnaie auf. Warum? Damit es nicht geklaut wird. Entsprechend müssen die Hosentaschen umgebaut werden. Rechte große Hosentasche kleines Scheingeld mit Büroklammer, rechte kleine Hosentasche (sehr eng) größere Geldscheine. Weil viel Geld herumzutragen nicht schick ist, kann man fast alles mit Kreditkarte bezahlen. Auch beim mobilen Strandverkäufer. Die Kreditkarte muss also auch noch irgendwie in die Hosentasche.
Ab und zu darf man auch übertreiben. Heute mieten wir uns ein ganzes Boot mit Skipper nur für uns allein. Eisgekühlte Kokosnuss - auch ganz für uns allein. Und einen versteckten kleinen Strand nur für uns zwei. Na gut, ein anderes Päärchen ist auch schon in der Bucht und nach dem wir für ca. eine Minute den Strand zu viert hatten, kommt die Invasion der Großsegler mit Hunderten von Einsamenstrandsuchern. Wie gut, wenn man da ein eigenes Boot hat. Das ganze Meer nur für uns allein. So dekadent. Im Dschungel gibt's eine natürliche Wildwasserrutsche. Weil der Fluss so wunderbar über einen glitschig bemoosten Felsen fließt, kann man sich herrlich runterrutschen lassen. Wahnsinnsspaß! Einige Einheimische können sogar stehend runterrutschen. Das sieht aus wie Surfen ohne Brett. In Paraty ist alles so schön alt. Und wenn's so heiß ist wie heute, hat man fast die ganze Stadt für sich alleine.
Was heißt eigentlich "speed bump" auf deutsch? Google sagt: "Fahrbahnhöcker, Beruhigungsschwelle, Bodenschwelle, Bremshügel oder auch Moabiter Kissen". Ich sag mal Bremshubbel. Offizieller Sinn des Ganzen ist es ein Tempolimit durchzusetzen. Tatsächliche Auswirkung ist aber, Autofahrer in den Wahnsinn zu treiben und die Aufmerksamkeit des Fahrers vom Verkehr, Ampeln und Fußgängern weg, ganz auf den Straßenbelag zu lenken. Im Idealfall ist so ein Bremshügel angekündigt, ausgeschildert und auch noch gelb angemalt. Im weniger idealen Fall, ist er gut versteckt, ohne Hinweis und in Straßentarnfarbe. Dabei spielt es keine Rolle, welches Tempolimit durchgesetzt werden soll. 40, 60 oder sogar 70 km/h lassen sich bebremshügeln. Überfährt man die Dinger mit 10 km/h, ist es einfach nur unangenehm und etwas lustig, bei 20 km/h ist es hektisch und unästhetisch, bei 30 km/h wird das Gepäck hinten lautstark neu geschichtet. Hat man die Schwelle gar nicht gesehen und nähert sich mit voller Fahrt, kracht das Auto gewaltig und man müsste sich eine Zeitlupenaufnahme ansehen um zu verstehen was genau passiert ist. Trotzdem haben wir keine Schwellenängste, wir haben ja auch fast alle Entschleunigungswülste gefunden. Fast alle. Wir sind übrigens in Paraty, was relativ Wurst ist. Denn es regnet was das Zeug hält. Weil wir so eine schöne Schürze gekauft haben, kochen wir sofort ganz unerlaubt auf dem Hotelzimmer. Leckerer kann man den Regentag nicht verbringen. Der Ort ist übrigens gar nicht regengeeignet. Unser Zimmer hat überhaupt gar keine Fensterscheiben. Nur Fensterrahmen, Fensterläden und Terassenläden. Man steht also entweder halb im Freien (Schönwettermodus) oder ganz im Dunklen (Schlechtwettermodus). Morgen wieder Schönwettermodus.
Zweiter Tag der Endlosfahrt. Zuerst freuen wir uns noch über den kühlen Regen, irgendwann wird das Getröpfel auf der Scheibe langweilig, später dann heftig aufdringlich und irgendwann kurz bevor es dunkel wird nervt es schon ganz schön. Gut, dass es nur noch 90 Kilometer bis Paraty sind, freuen wir uns, als wir die Autobahn verlassen. Als wir an dem großen gelben Schild vorbeirasen freuen wir uns immer noch. Aber nach ein paar Minuten Fahrt überlegen wir uns, was da wohl mit "4x4" gemeint war. Eigentlich kann das ja nicht wirklich für unsere Strecke gedacht sein, wie sollte man denn sonst ohne Allradantrieb nach Paraty kommen. Weil es so fürchterlich regnet und wir den Mietwagen nicht unbedingt im Schlammflussbett versenken wollen, fahren wir nochmal zurück zu dem Schild. Aha. Nach 70 Kilometern nur noch mit Allrad. Wir müssen 90 Kilometer weit... . Es hilft nichts, wir müssen mehr als 100 Kilometer Umweg in Kauf nehmen und ganz anders fahren. Und jetzt geht's erst richtig los. Der Regenwald bekommt seine Monatsdosis Regen auf einmal und breite braune Bäche laufen quer über die Straße. Dann kommt der Nebel, dazu gedämpfte Scheiben von innen und dann wird es dunkel. In diesem Szenario denken einige Brasilianer immernoch ans Energiesparen und schalten ihre Scheinwerfer gar nicht oder nur bis zum Standlicht ein. Entschuldigung, aber das ist wirklich bescheuert. Um uns noch mehr zu testen, kommt im dicksten Nebel ein Schild: "Bremsen prüfen". Und dann geht's so steil nach unten, dass man mehr im Gurt hängt als auf dem Sitz sitzt. Natürlich wurde auch an superengen Kurven nicht gespart. Was noch so mit den Bremshubbeln auf der Straße war, erzählen wir morgen. Jedenfalls sind wir jetzt ganz schön kaputt, das Auto aber noch ganz schön ganz.
Brasilien ist 24 x größer als Deutschland. Wenn man also von A nach B kommen will, liegen meistens viele Kilometer dazwischen. In unserem Fall zu viele um sie an einem Tag herunterzureißen. So steuern wir heute Registro an, einfach nur weil es genau auf halbem Weg zwischen Florianopolis und Paraty liegt. Freundlicherweise regnet es heute etwas und ist kühl genug, dass man beim Fahren die Fenster zulassen kann. Ansonsten kommt der Lärm und das Abgas doch recht aufdringlich daher. Auf unserem Weg sind so viele LKW unterwegs, dass man ernsthaft überlegt ob hier Sonntags vielleicht PKW Fahrverbot ist. Weil fast keine PKW unterwegs sind, nehmen sich die Brummis auch selbstverständlich alle drei Fahrspuren der Autobahn. Und natürlich gibt es Stau. In Registro haben wir dann das ganze Hotel und die ganze Aufmerksamkeit des Personals nur für uns alleine. Als wir am Sonntagmorgen von der Insel Santa Catarina aufbrechen, ist alles noch ganz ländlich. Statt LKW kommen uns hier ein paar hundert Reiter auf Pferden entgegen. Ob die zur Kirche reiten?
Heute ist Nervenkitzel pur angesagt. Da wir ja leider nicht surfen können, müssen wir uns einen anderen Kick suchen. Sandboarden von den riesigen Wanderdünen, das klingt doch aufregend. Bei genauerer Betrachtung wirkt das aber doch ganz schön lahm. Sollte man es schaffen auf dem Brett stehen zu bleiben, beschleunigt man auf etwas mehr als Schrittgeschwindigkeit. Gähn! Dann doch lieber von der Strandliege aus die Surfer beobachten. Weil unser Sonnenschirm nicht hält und wir den Schirm die ganze Zeit festhalten müssen, machen wir ja auch irgendwie Sport.
Zwei Seen auf einer Insel im Meer sind ganz schön komisch. Wenn es jetzt noch eine Insel im See auf der Insel im Meer geben würde... Jedenfalls ist es schon irgendwie unverschämt, wenn eine Insel mit über 40 feinen Sandstränden auch noch zwei glasklare Seen hat. Und die haben dann auch noch Strände! Ich werde schauen was sich machen lässt, vielleicht kann man den einen oder anderen Strand abmontieren und im Handgepäck nach Ulm schmuggeln. Würde bestimmt nicht auffallen. Inzwischen sind wir echte brasilianische Waschmaschinenexperten geworden. Waschmaschinen sehen hier ganz anders aus als bei uns, gewaschen wird immer kalt, es gibt aber gaaaanz viele Waschprogramme. Einige davon haben wir mit Google übersetzt. Unsere Lieblingsprogramme sind Kurzsauce und Langsauce.
Nach der vielen Autofahrerei, gönnen wir uns für ein paar Tage ein eigenes kleines Haus, ganz nah am Strand von Mosambik. Mosambik ist in unserem Fall nicht in Afrika, sondern auf der Insel Santa Catarina (Brasilien). Wir wohnen zu dritt: Wir zwei und Sarah. Sarah ist leider nicht die in Brasilien übliche Haushälterin, sondern eine ganz schön alte Hündin, die prima pupsen kann und sich ansonsten hauptsächlich darum kümmert, dass wir beim Kochen nicht so alleine sind. Weil sie sich über unsere Anwesenheit genauso freut wie wir, fegt sie mit ihrem Wedelschwanz gerne alles von den niedrigen Tischchen. Sarah sitz! So ganz ohne Personal müssen wir unsere Wäsche halt selber waschen. Und der Weihnachtsmann bekommt auch eine Grundreinigung, damit er rechtzeitig zum Advent wieder frisch ist.
In Blumenau (immernoch Brasilien) sind die Häuser, die Schilder, die Wurst und sogar das Wetter ein bisschen deutsch. So richtig schön ist es aber nicht. Wie der Schildermacher sehr treffend formuliert hat, verleihen die nachgemachten Fachwerkhäuser dem Stadtzentrum einen "Hauch von Schönheit". Mehr nicht. Jedenfalls ist unser Tag heute sehr international. Wir fahren nicht nur durch deutsche Aussiedlerstädte und an Hamburger Containern vorbei, sondern auch an der Freiheitsstatue. Die steht vor einem Möbelhaus und ist ganz schön groß.
Oskar Niemeyer, der die Gebäude für die brasilianische Hauptstadt Brasilia entworfen hat, hat sich auch für Curitiba ein schickes Museum ausgedacht. Und das mit über 90 Jahren. Wer in solchem Alter noch Zukunftsvisionen entwirft, verdient maximalen Respekt. Vor nicht ganz einem Jahr ist er gestorben - mit knapp 105 Jahren. In Brasilien gibt's wenig Eisenbahn. Und weil schon beim Bau der 100 Kilometer Strecke durch den Urwald von Curitiba nach Morettes 5000 Bauarbeiter ihr Leben ließen, ist das auch eigentlich ganz gut so. Endlich Weihnachtsmarkt! Die Palmen stören dabei fast gar nicht und es muss auch nicht immer Glühwein sein.
Busfahren in Curitiba ist sehr hip und sehr speziell. In der ganzen Stadt stehen Glasröhren mit Drehkreuzen, in denen man eincheckt für die Fahrt mit den Doppelgelenkexpressbussen. Weil die Busse keine Stufen haben und recht hoch sind, kann man auch nicht einfach so ohne Haltestellenröhre ein- und aussteigen. Menschliche Arbeitskraft ist in Brasilien zu billig. Es gibt Personal, das im Aufzug drei Knöpfe bedient (0, 1, oder 2), Personal, das nachdem man mit einer Chipkarte durch ein Drehkreuz gegangen ist, die Quittung locht, oder Personal, das auf einem Hochstuhl im Supermarkt sitzt, statt Überwachungskamera. Ach ja und Personal, das am Radweg eine rote Fahne senkt, wenn die Ampel rot ist. Als ob die wenigen Fahrradfahrer die Ampel nicht verstehen würden.
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