Ich hab's ja schon immer gewusst. Die empfindliche Unterhaltungselektronik der Fluggäste kann durch die Navigationsgeräte des Flugzeugs gestört werden. Mein Sitzbildschirm fährt jedenfalls munter rauf und runter. Zeit aus dem Fenster zu schauen. Nachtflug von Rio zurück nach Deutschland. Der Mond scheint auf den Atlantik und auf Wolkenfetzen, in der Ferne flackert ein Gewitter. Die sechs Wochen Brasilien haben sich angefühlt wie Monate des Reisens. Ich denke zurück an die gewaltigen Wasserfälle, an Traumstrände, an die Stimmen des Dschungels, an die schönste Stadt der Welt und vor allem an die Menschen, die uns immer mit offenen Armen empfingen. Genau wie der Slogan unserer Airline: "With arms wide open."
Wir machen Reisepause bis 13.01.2014, um den deutschen Winter ein Bisschen zu genießen und dann geht's weiter nach Asien und Australien... Frohe Weihnachten und ein glückliches, gesundes 2014!
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Am 13.07.2014 entscheidet sich hier, wer der neue Fußballweltmeister sein wird. Das Maracana Stadion in Rio. Wir sind heute schon da und sitzen in der VIP Lounge Probe, testen den Rasen (schlimm vertrocknet) und schauen in die Umkleiden der Fußballhelden. In diesem Stadion unterlag das siegessichere Brasilien im WM Endspiel 1950 gegen Uruguay. Immernoch ein Trauma für die Brasilianer. Aber das wird im Fernsehen, zur WM sicher noch genügend oft betont werden. Moment mal, da sitzt ein Indianerhäuptling im Baum! Nicht allen gefällt, was für WM und Olympia so alles geändert wird. Das historische Museum der Indigenen Bevölkerung direkt vor dem Stadion soll weg. Symbolisch nicht gerade feinfühlig, aber die Fußgängerbrücken zum Stadion zu Ende zu bauen wären halt auch sehr günstig. Also verhandelt die Staatsmacht von einem Feuerwehrkran aus mit dem Stammesführer im Baum. Dabei wird alles militärisch vom "Ordnungsschock"-Kommando geschützt. Falls doch ein Indianer aus dem Hinterhalt mit Pfeil und Bogen... Man weiß ja nie. Rio 21. Von außen sieht die Catedral Metropolitano aus wie eine Mischung aus Kühlturm und Silo. Von Innen wie stürzende Hochhausfassaden, unterbrochen von unglaublich hohen Kirchenfenstern. 20.000 Menschen passen in diese mutige Kirchenkonstruktion. Und es scheint, als ob auch alle 20.000 Leute mit dem Auto kommen können. Das Gotteshaus ist umringt von einem üppigen, kreisförmigen Parkplatz. Amen.
Wir wollen uns heute den größten schwimmenden Weihnachtsbaum der Welt anschauen. Der schwimmt in Rio auf einem See, genauer gesagt auf einer Lagune, der Lagoa Rodrigo de Freitas. Weil wir noch mehr vorhaben, nehmen wir heute Abend mal das Taxi. Unsere Aussprache der gewünschten Straßenkreuzungen ist nicht ganz perfekt, dass muss man sagen. Deshalb vereinfachen wir die Sache immer mit Google Maps auf dem Handydisplay. Irritierenderweise erkennen die Taxi Chauffeure ihre eigene Stadt auf der Karte nicht. Obwohl das in Rio sehr einfach ist, mit der markanten Küstenlinie, den bekannten Stränden und einem nicht zu übersehenden, großen See. Ein Taxifahrer flüchtet sogar und lässt uns am Straßenrand stehen, als wir ihm die Karte zeigen. Der nächste Fahrer ist so verwirrt, dass er während der Fahrt mit seiner riesigen Taschenlampe angestrengt aufs Handydisplay leuchtet. Aber gemeinsam schaffen wir es und der Baum ist nicht nur sehr groß, er hat auch eine tolle Lichtershow und ein feines Glockenspiel.
Auf dem letzten Flug haben wir uns mit mächtig Flüssigkeiten im Handgepäck durchgeschummelt. Offiziell ist die Mitnahme von Getränken, wie überall, nur in aberwitzig kleinen 100ml Puppenfläschen erlaubt. In Salvador machte man bei Wasser eine Ausnahme. Mein Rucksack wurde beim Durchleuchten zur Seite genommen und ich musste ihn öffnen. Der Sicherheitsbeamte warf einem Blick auf die große Wasserflasche, den Tetrapack Saft und die Flasche Schokomilch. Gewissenhaft wurde ich abgefragt, ob alle Behältnisse Wasser enthielten. Yes Sir, what else? Und deshalb durfte ich auch alles mit an Bord nehmen. Für den heutigen Flug von Foz do Iguacu nach Rio haben wir noch mehr Flüssigkeiten im Handgepäck. Bei den übergroßen Warnschildern direkt neben dem Röntgenkasten, die die Mitnahme von Flüssigkeiten strengstens untersagen, kommen uns dann doch Zweifel. Schließlich haben wir soviel dabei, dass in den Außentaschen der Rucksäcke dicke Flaschen stecken. Der Beamte, der uns die Rucksäcke zurückgibt, wünscht uns aber nur einen guten Flug. Und den haben wir, mit einer ganzen privaten Minibar unterm Sitz :-).
Drei Länder, ein Tag. Unser Zeitplan für heute ist gelinde gesagt ambitioniert. Wir wollen uns zuerst den zweitgrößten Staudamm der Welt anschauen. Der Damm liegt genau zwischen Brasilien und Paraguay. Wir sind die einzigen, die mit dem Linienbus ankommen, trotzdem ist die nächste Besichtigungstour schon ausgebucht. Frechheit. Eineinhalb Stunde warten wollen wir eigentlich nicht, deshalb mogeln wir uns mit unserem Aufkleber in falscher Farbe, mit falscher Nummer und mit Tickets für die falsche Uhrzeit an der Kontrolle vorbei und in den Werksbus. Eigentlich ist das auch schon der größte Spaß der Tour. Aber mächtig groß ist das Ding schon. Nach dem Damm ist vor dem Wasserfall. Unser Reisebuch ist sich sicher, den Ausflug auf die argentinische Seite der Fälle, sollte man nicht auf eigene Faust unternehmen. Viel zu kompliziert, mit Umsteigen, den ganzen Grenzformalitäten und so weiter. Die geführte Tour ist aber aus drei Gründen nichts für uns: Viel zu teuer, dauert den ganzen Tag, voll unspannend. Und da wir inzwischen in fließendem Portugiesisch dumme Fragen stellen können, ist das ganze Organisieren ja auch kein Problem für uns. Wir fahren also mit lauter Kleinschmugglern im Linienbus und schmuggeln sogar selbst einen ganz streng verbotenen Apfel mit nach Argentina. Die Wasserfälle sind von der argentinischen Seite mindestens genauso gigantisch und bestimmt doppelt so nass. Waaaahnsinn!
Die größten Wasserfälle der Welt, die Iguacu Fälle, verteilen sich auf zwei Länder. Heute schauen wir von Brasilien auf die Fälle in Argentinien. Morgen machen wir's umgekehrt. Das Wasser fällt nicht nur - es strürzt, tobt und fliegt von allen Seiten. 20 große und über 250 kleinere Wasserfälle machen die Luft ordentlich wässrig. Man wird nass bis auf die Knochen. Die Kamera auch. Ein Glück ist der Wind so warm wie ein Haartrockner und alles schnell wieder wasserfrei. Wem es nicht genug ist, mitten im Wasserfall zu stehen, der kann sich mit dem Speedboot auch direkt unter die Wassermassen fahren lassen. Wer noch mehr Nervenkitzel braucht kann sich oberhalb der Fälle mit dem Motorboot auf dem Fluss befördern lassen. Da darf bloß nicht der Motor ausfallen... Eigentlich sind die größten Wasserfälle der Welt schon reizende Überflutung genug für einen Tag. Da aber der Dschungel drumherum so hübsche Vögel im Überfluss bietet, schauen wir im Vogelpark gleich nebenan vorbei. Und das lohnt sich richtig. Es klappt endlich mit dem Kolobrifoto und ein lustiges Huhn möchte sich erst von Katrin ausbrüten lassen, anschließend mein Hose fressen und sowieso ganz viel Aufmerksamkeit bekommen.
Wir sammeln mal wieder Meilen. Um von Salvador nach Foz de Iguacu zu kommen müssen wir den halben Tag im Flugzeug verbringen. Zwischenlandung in Sao Paulo. Der Flughafen soll ja unterirdisch schlecht sein, deshalb sind wir gut vorbereitet. Als wir uns im Terminal mit unserem Wasserkocher ein heißes Nudelsüppchen zubereiten, kommt - von dem leckeren Duft angezogen - ein älterer Herr vorbei, der wissen möchte, wo man denn so gute Suppe herbekommt. Nun ja, das ist eine lange Geschichte und der Herr muss leider doch in der Snackbar einen schweren Käseklops erstehen. Weil Inlandsflüge in Brasilien fast gar nicht übers Meer führen, gibt's keine Schwimmwesten an Bord. Dafür aber ein "jungle survival kit". Da würde ich gerne mal reinschauen. Als wir in Bella Italia (so heißt unser Hotel) ankommen, bekommen wir das schönste Zimmer des Hauses, weil Katrin eine so schöne Handschrift hat, dass die Rezeptionistin ganz gerührt ist. Im Zimmer angekommen, wollen wir uns gleich wieder beschweren, denn da steht nur ein kleines Einzelbett im Zimmer. Dann finden wir die anderen Zimmer der Suite...
Michael Jackson hat vor knapp zwei Jahrzehnten in Salvador das Video zu "They Don't Care About Us" aufgenommen. Zusamen mit der Musikgruppe Olodum, die immernoch in der Fußgängerzone kräftig rumtrommelt. Michael ist auch noch da, allerdings nur aus Pappe (weshalb er nachts reingeholt wird). Es gibt viele Straßenhunde hier, aber nur einen Radio Dog. Egal wo der Hund liegt, das kleine rote Radio ist immer daneben und dudelt vor sich hin. Ob Radio oder Hund jemand gehören? Oder ob das Radio dem Hund gehört? Wir werden es nie erfahren...
Seit Tagen sind wir auf der Suche, wie man in Salvador abends etwas vernünftiges zu Essen bekommt. Mittags bei der Fahndung nach einem Waschsalon, haben wir Downtown entdeckt - mit richtig vielen Restaurants. Da muss doch abends auch was los sein, haben wir uns gedacht und sind den ganzen Weg bei Dämmerung noch mal hergekommen. Aber was ist das? Kaum geht die Sonne unter (18:00 Uhr), klappen nicht nur die Bürgersteige hoch, sondern fahren auch noch die Stahljalousien runter. Und dann wird's einsam und ein wenig unheimlich. Schnell wieder in die Altstadt, da ist (noch) nix los, aber immerhin steht an jeder Ecke ein schicker Polizist. Also Marmorkuchen, Hühnchengebäck und Spongebob-Erdbeermilch vom Minishop. Das Ganze lassen wir uns total romantisch auf der Stufe vor der Kirche schmecken, bewacht von zwei Polizisten. Als ein Obdachloser zum dritten Mal an uns vorbeischleicht und sehnsüchtig auf die Stufe schielt, machen wir seinen Schlafplatz frei. Salvador hat den höchsten Anteil schwarzer Bevölkerung Brasiliens. Deshalb ist hier auch vieles anders. Die Musik, das Essen und der Rhythmus des Lebens. Weil es mittags so heiß ist und wir viel laufen, versuchen wir uns zwischendurch immer in den Kirchen abzukühlen. Kirchen gibt es hier schließlich an jeder Ecke. Als wir uns in einer kleinen Kirche vor lauter Hitze mit Papier Luft zufächeln, versucht das aufmerksame Personal alle Ventilatoren in Gang zu setzen, was kompliziert ist und die Mitarbeit des Hausmeisters erfordert. Nacheinander werden alle Stromkreise eingeschaltet, bis auch der letzte Kronleuchter strahlt. Wir strahlen auch, weil uns ein gigantischer Propeller anbläst.
In Salvador laufen uns Klaus und Rita (Namen geschätzt) aus Köln über den Weg. Weil sie so herrlich deutsch aussehen und wir schon so lange mit niemand mehr auf Deutsch gesprochen haben, quatschen wir sie an. "Seid ihr von dem Kreuzfahrtschiff?" Und damit haben wir sie. Sie erzählen uns sofort Teile ihrer Kreuzfahrthistorie und natürlich auch davon, wie ihre Costa Fascinosa, bei der Einfahrt in den Hafen gestern, aufgelaufen ist und sich kräftig zur Seite geneigt hat. Wir versprechen bei der Ausfahrt des Dampfers von unserem Balkon genau hinzuschauen und können bestätigen, dass der Pott Salvador kenterfrei verlassen hat. Um von der Unter- in die Oberstadt zu gelangen, muss sich heute niemand mit Treppen quälen. Gleich mehrere Lifte pendeln fleißig auf und ab, heute sogar kostenlos, weil Feiertag ist. Da spart man glatt 0,05 €. Pro Fahrt! Das gesparte Geld kann man sofort in ein heiliges Bändel umtauschen. Die bunten Bändel kann man sich dann an den Arm binden und sich was wünschen. Wenn das Schnürchen von alleine (nach mehreren Monaten) abgeht, geht auch der Wunsch in Erfüllung. Natürlich gibt es großes Unglück, wenn man das Band vorher selbst abmacht. Leute die sich nicht ganz so lange festlegen wollen, binden das Bändchen lieber an ein Kirchengeländer. (Die Kölner machen das ja lieber mit Vorhängeschlössern. Gottseidank nicht am Arm) Ein Wort zur Zeit. Die Uhren gehen ja bekanntlich andernorts anders. In Salvador besonders anders. Obwohl wir von Brasilia nach Salvador ganz schön nach Osten geflogen sind und es deshalb früher dunkel und hell wird, dreht man die Uhr hier eine Stunde zurück, was den ulkigen Effekt hat, dass es mitten im Sommer um 18:00 Uhr dunkel wird, die Sonne aber schon lange vor 4:00 Uhr wieder aufgeht.
In der nachtdunklen Stadt haben wir Schwierigkeiten etwas zu essen zu finden. Alles hat noch zu. Das Nachtleben beginnt erst um Mitternacht und so richtig soll's erst um 4:00 Uhr morgens losgehen. Da wären wir dann auch wieder wach. Es ist 10:30 Uhr, wir sind am Flughafen Brasilia und suchen unser Gate für den Flug nach Salvador. Die Anzeigetafel verrät die Gates für (verspätete) Flüge zwischen 6:20 Uhr und 10:08 Uhr. Nochmal, es ist 10:30 Uhr. Unser Flug geht um 11:04 Uhr und unser Boarding sollte seit ein paar Minuten beendet sein. Wir sehen keine reellen Chancen hier noch Informationen zu bekommen, bevor unser Flieger in der Luft ist. Also laufen wir los und recherchieren, bis wir im Getümmel vor einer Tür stehen, die Zugang zu mehreren Flügen, darunter auch unserem verspricht. Und kurz darauf heben wir total pünktlich ab.
Das Wetter ist trübe und wir suchen Erleuchtung im Tempel der Legion des Guten Willens. In Brasilia gibt es eine Menge Sekten, auch weil mal jemand prophezeit hat, in dieser Gegend würde eine neue Zivilisation für das neue Jahrtausend entstehen. Mit der neuen Stadt hat es ja schon mal geklappt und die eifrigen Jünger werkeln an neuen Werten, immer in Richtung endgültiger Erlösung. Im Templo da Boa Votande lässt man uns weltoffene Gemüter gerne mitmachen. Und so schreiten wir unter der Erlöserkristallkuppel die schwarze Spirale bis zur Mitte und dabei werden wir alles Böse los. Dann kommt der Wendepunkt und wir laufen die weiße Spirale wieder nach außen - dabei laden wir uns so mit Gutem auf, dass wir als übertriebene Gutmenschen am Altar ankommen. Dort gibt's einen Schluck geweihtes Wasser. Ich verschlucke mich vor lauter Güte - wenn das kein gutes Zeichen ist. Ein anderer Pilger bekommt, während er noch auf der schwarzen Spirale wandelt, eine lautstarke SMS. Ich würde sagen, ein ganz schlechtes Zeichen. Nach dieser spiralspirituellen Erfahrung dürfen wir noch in der unterirdischen ägyptischen Meditationsgruft über den Leitspruch "Die Toten sterben nicht", sinnieren. Die ägyptischen Grabkammern sehen ein bisschen nach Schloss Neuschwanstein aus, taugen aber alle mal für eine kleine Fotosession - bis wir erwischt werden. Wir essen noch sehr gut und günstig in der Tempeluni, trauen uns aber dort nicht mehr das Schild "Flirten verboten" zu fotografieren. In Brasilia folgt alles der Logik. Egal in welcher Straße der Kernstadt man sich befindet, weiß man immer wie viele Blocks man von der Nord-Süd-Achse (Flügel) und wie viele Blocks man von der Ost-West-Achse (Flugzeugrumpf) entfernt ist. Adressen und Straßennamen bestehen aus Quadraten und Blockangaben. So sind die Stationsnamen der Metro auch denkbar simpel. 102 Süd, 104 Süd, 106, Süd, 108 Süd und so weiter... Man muss also immer ein bisschen mit Zahlen hantieren wenn man seinen Weg plant. Das gilt sogar im Aufzug. Die Tasten sehen aus wie ein Taschenrechner und für den 20. Stock braucht man die Taste 2, Taste 0 und Taste Confirma. Bis wir rausgekriegt haben, wie man ins Erdgeschoss kommt haben wir eine ganze Weile gebraucht. Von außen muss sich das so angehört haben: "Beep, beep, beep, bööööööp, ....... beep, beep, beep, bööööööööp, ...... beep, beep, beep, böööööööööööp."
Heute dürfen wir im "Haus jedes Brasilianers", dem Nationalkongress eine Sitzung beobachten. Abgeordnete die sich zu Wort melden, haben 60 Sekunden Zeit sich zu äußern. Währenddessen stehen alle anwesenden Politiker in den Gängen zwischen den Sitzreihen und reden angeregt miteinander. An Engagement und Leidenschaft scheint es nicht zu fehlen. Bevor unsere Führung losgeht, können wir einfach so im ganzen Kongressgebäude zwischen Fernsehteams und Schlipsträgern herumlaufen. Alle Türen stehen offen, auch die zum Plenarsaal. Die Architektur des Platzes der drei Gewalten, symbolisiert die Demokratie des Landes. Entworfen wurde der Platz vom bekennenden Kommunisten und Architekturgenie Oscar Niemeyer, der heute vor einem Jahr, kurz vor seinem 105 Geburtstag verstarb. Im Parlament treffen wir auch einen echten Indianerhäuptling, der darauf wartet sein Anliegen den Verantwortlichen vorzutragen. Gestern gab es eine lautstarke Demonstration der indigenen Bevölkerung vor dem Parlament, dass einem Angst und Bange werden konnte. Um die Mittagszeit (und in der Mittagshitze) begehen wir gleich zwei Fehler gleichzeitig: 1.) Wir vertrauen TripAdvisor, dass die Position des gelobten Restaurants diesmal wirklich richtig in der Karte eingezeichnet ist. 2.) Wir versuchen zu Fuß dort hinzukommen. Beide Fehler zusammen bewirken, dass wir nach ewigem Fußmarsch an gewaltigen Straßen ohne Fußwege entlang, irgendwo im Nirgendwo vor dem Club Sportivo Exclusivo stehen. Wir bringen mit unseren Fragen den ganzen Sportclub durcheinander. Man erkundigt sich mehrmals, ob wir tatsächlich zu Fuß unterwegs seien. Dann nehmen uns zwei Angestellte mit ihrem privaten Auto mit, um das gewünschte Lokal zu suchen. Unsere Retter fragen sich durch, bis wir irgendwann am anderen Ende des Stadtteils tatsächlich vor dem auserwählten Gourmettempel stehen. Eine kleine Entschädigung für unsere Rettung vor dem sicheren Hungertod, wollen die Beiden partout nicht annehmen.
Oskar Niemeyer, der die herausragendsten Gebäude der Stadt entworfen hat, hat es treffend formuliert: "Nicht alle werde die Stadt mögen, aber niemand wird sagen können, so etwas schon mal gesehen zu haben." In der Tat fühlt man in der Stadt auf welch einzigartig, weil radikale Art und Weise die Abkehr von traditionellen Stadtstrukturen und Bauweisen verwirklicht wurde, verbunden mit dem uneingeschränkten Glauben an die automobile Gesellschaft. So ist man als Fußgänger auch immer etwas verloren auf der Suche nach Möglichkeiten die Verkehrsströme zu über- oder unterqueren.
4000 Kilometer weit hat uns der VW Gol ohne f gebracht. Aber jetzt reicht''s. Das Land ist einfach zu riesig für Autoreisen. Wir tauschen den Kleinwagen ohne alles gegen einen Großraumjet mit Chauffeur und Klimaanlage. Der Tausch verläuft sehr spannend. Zum einen sind wir haarsträubend knapp vor der Abflugzeit an der Mietwagenrückgabe und außerdem versuchen wir zu vertuschen, dass das Türschloss auf der Fahrerseite nicht mehr geht. Ein Anfänger hat nämlich versucht unser leeres Auto zu knacken, dabei aber nur das Schloss kaputt gekriegt. Jedenfalls gelingt unser Täuschungsmanöver prächtig, vor allem auch, weil der Wagenprüfer zwei Kratzer unter(!) dem Auto findet. Das waren wir nicht! Ehrlich. Wir haben bei allen speed bumps gebremst. Wirklich bei fast allen. Aber dann schaffen wir es doch noch rechtzeitig auf unseren Flug in die Hauptstadt Brasilia. Zum Fliegen haben wir brav unser Gepäck ausgemistet und die Koffer präzise auf 23,5 Kg getrimmt. Leckere Flüssigkeiten haben wir restlos geschluckt, nützlichen Flüssigkeiten (Spüli und Olivenöl) brav umgefüllt in die legalen 100 ml Fläschen, damit alles ins Handgepäck darf und wir nicht nachher Wäsche mit Olivenöl im Koffer haben. Im Flughafen verfolgt mich eine Info-Roboterin die ich doch nur fotografieren will. Im Flugzeug gibt's dann herrliche Durchsagen in Rudimentärenglisch: "Please turuoaf oall earoanig dveisches fo teaoff an laoaning". Die Portugiesischen Ansagen haben wir besser verstanden.
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