Fort Lauderdale, FL - Ulm, BW Letzter Blick aus der Schlafkoje unseres Schiffs. Heute geht es wieder für zwei Wochen nach Deutschland. Bleibt abschließend die Frage: Sind die USA wirklich das beste Land der Welt? Die Antwort ist ein definitives Ja - solange man in den USA ist. Wir werden die offene, herzliche und unkomplizierte Art der Amerikaner vermissen. Die häufigsten Wörter die wir zu hören bekamen waren: Welcome! Amazing! Awesome! Outstanding! Einige sagen ja, das wäre oberflächlich. Im Gegenzug empfiehlt Amerika seinen Bürgern bei Reisen nach Deutschland, die ruppigen Umgangsformen und die fehlende Höflichkeit nicht zu ernst zu nehmen, oft würde dahinter echte Herzlichkeit stecken. Bei der Ausreise werden wir belehrt, dass es immer Ausnahmen gibt. Der Beamte, der vor der Sicherheitsschleuse kontrollieren soll, ob wir überhaupt Passagiere sind, nimmt unsere passend aufgeschlagenen Reisepässe und Bordkarten nicht an. Wir sollen die Bordkarten in die Seiten des Reisepasses mit dem Foto legen, die Pässe gefälligst zuklappen und sie ihm übereinander gelegt überreichen. Mit fehlender Höflichkeit und etwas ruppig bekommt er unsere Papiere ganz unherzlich auf den Tresen geknallt. Am Rückflug ist das Beste das Aussteigen. Die Bezeichnung Boing 777-300 ER sollte man sich merken. Air France und Emirates haben in ihren neu ausgelieferten Varianten den CO² Ausstoß pro Sitzplatz erheblich verringert. Unter anderem durch 10 statt 9 Sitzen pro Reihe nebeneinander. Bei gleicher Flugzeugbreite. Der Hersteller empfiehlt, bei dieser engen Bestuhlung, den Sitzabstand zum Vordersitz als Ausgleich etwas zu vergrößern. Air France hat den Abstand lieber noch etwas verringert. Für die Umwelt. Natürlich kann man den Sitz dann nicht mehr so weit nach hinten stellen. Und natürlich kann man sich für 400,- € Aufpreis die alte Beinfreiheit zurückkaufen, in der Premium Economy Class. Das macht schlechte Laune für alle. Auch die Besatzung, die mit ihren Servierwägelchen die noch schmaleren Gänge von Kniescheibe zu Kniescheibe entlang schrammt, ist genervt. Nach den 11 Stunden Folterflug, ist der kurze Hops von Paris nach Frankfurt im Mini-Airbus, schon richtig entspannend und die anschließende Fahrt im ICE grenzt an Wellness. Am 03. Juli geht unsere Reise weiter.
Wohin wissen wir noch nicht. Aber wie wissen wir schon: Mit grenzenloser Beinfreiheit.
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Fort Lauderdale, FL Auf dem Boot im Yachthafen zu wohnen ist nicht schlecht. Brent, unser Nachbar, meint sogar es ist der beste Weg zu leben überhaupt. Zuallererst, weil man nie Rasen mähen muss. Ja, wir könnten uns daran gewöhnen, Kehrwoche muss man hier auch nicht machen. Nur Vorteile. Das Allerbeste ist aber, dass man über dem Bett die Luke aufmachen kann und beim Einschlafen die Sterne zählen kann. Beim Bummel durch die Anlegestege fällt uns etwas auf: Es scheint Bedarf für einen Bootsnamenratgeber zu geben. Viele kleine und mittlere Boote sind namenlos, wie unseres, die Prachtyachten haben recht peinliche Namen: BB's Dream, Thumbs Up, Stay Wet, No Drama, Skyfall, Kiss Me. Also ich weiß nicht, wie man den Funkverkehr mit solchen Schiffsnamen ernsthaft durchführen soll. Mayday, Mayday, Kiss Me! Es ist Schildkröteneiablagesaison. Am Strand sind, zwischen all den Sonnenschimen und -liegen, kleine Absperrungen um die Schildkrötennester herum. Nachts kommen die Tiere an Land und legen ihre tischtennisballgroßen Eier in den Sand, verscharren sie, und verschwinden auf Nimmerwiedersehen. Die Sonne macht den Rest und wenn es soweit ist, müssen die Jungtiere selber sehen, wie sie schnell ins schützende Meer kommen. Zuerst war es am Strand einfach nur heiß. Als wir zurück zum Auto wollen, ist der Sand aber inzwischen so teuflisch am Glühen, dass die Fußsohlen wie Speck in der Pfanne brutzeln, wenn man auftritt. Wir erfinden spontan Palmschattenhopping und brauchen ganz schön lange, bis wir wieder zurück am Parkplatz sind.
Daytona Beach, FL - Fort Lauderdale, FL In den USA ist alles so dermaßen um das Auto herum entworfen, dass man nur in Ausnahmefällen den Sitz seines Wagens verlassen muss. Zum Kaffee oder Burger abholen kann man sitzenbleiben, fast alle Restaurants haben einen Drive Thru Schalter. Richtige Drive In Lokale gibt es auch noch: Reinfahren, die Bedienung kommt auf Inlinern und gegessen wird im Auto. Auch für den Geldautomat muss niemand raus, genausowenig, wenn man etwas spenden möchte - Donation Drive Thru. Was tun am Sonntagmorgen? Ja richtig, Drive In Kirche! Am Check In bekommen wir Wein und Oblatenstückchen im Ketchupbecher und fahren damit auf den Rasenplatz, der aussieht wie ein Autokino. Nur eben mit Altar statt Leinwand. Klimaanlage an, Motor läuft, Radio auf 88,5 und schon hören wir die Glocken im Auto läuten. Der Pfarrer legt los. Bei den Liedern musiziert und singt es hinter dem Pfarrer aus der Altarhütte, wir hören's im Radio, draußen ist es mucksmäuschenstill. Nach jedem Lied und jedem Gebet wird kräftig gehupt. Einige Autogläubige verlassen während des Gottesdienstes ihr Auto und holen sich in der Gemeindehalle schon mal Kaffe und Donuts - die sind eigentlich ausdrücklich für das gemeinsame Gespräch nach der Messe gedacht. Jetzt kommt die Predigt. Es ertönt die Titelmelodie von Star Trek. Der Geistliche lässt die mobile Gemeinschaft wissen, dass er sich gerade fragt, ob wohl einige Trekkies unter den Anwesenden sind. Begeistertes Hupkonzert. Prima, jetzt hat er die Aufmerksamkeit der Blechmassen. Er holt weit aus, von den Ideen der Filmemacher, die ihre Wurzeln in der Bibel haben. Es geht um unendliche Weiten, Mut und Zweifel. Leider ist der gespannte Bogen zu den Jüngern und Jesus dann etwas konstruiert und plötzlich geht es nur noch um Zweifel, die zu zerschlagen sind. Er redet sich richtig in Rage und wir erwarten jeden Moment die totale Bekehrung. Doch dann ist alles schnell vorbei, die Spendensammler kommen vorbei und fahren ihre Beute mit einem Golfwagen zum Altar. Noch ein Lied und bevor der Gottesdienst ganz zu Ende ist, fahren die meisten schon Richtung Ausfahrt. Man will schließlich nicht in den Stau der Gläubigen kommen. Amen. In Fort Lauderdale ziehen wir auf das Boot von Jeff. Das ist klein, gemütlich und schaukelt so schön beim Einschlafen. Wir essen auf dem Oberdeck zu Abend und sind ganz entzückt wie schön die Welt von einem Boot aus aussieht.
Daytona Beach, FL "World Center of Racing" steht am Daytona International Speedway. Sagen wir, es ist das Weltzentrum des Motorsports, der amerikanischen Welt. Erstaunlicherweise dürfen wir bei unserem Besuch sehr dicht an die Rennstrecke kommen, ganz ohne Zaun dazwischen, obwohl gerade einige Fahrer Trainingsrunden absolvieren, was nicht zu überhören ist. "Days of Thunder" fällt mir da ein. Schon wieder so ein uralter Film aus meiner Kindheit. Und schon wieder mit Tom Cruise. Bei dem ortsüblichen, gemütlichen Fahrstil auf den Straßen, kann man sich kaum vorstellen, wie hier Renntalente entstehen. Allein der Sound der Automatikautos lässt keine sportliche Fahrweise zu. Auch dicke Motoren klingen damit so: Brschüüüüüüüüüühhhhhhhhöööööööööwwwwww. Zum Glück haben die Rennwagen hier Schaltgetriebe, sonst müsste der Tom Cruise Film eher "Days of Windstille" heißen. Angefangen hat alles vor langer Zeit, mit Autorennen am Strand von Daytona Beach. So richtig auf dem Sand. Der ist hier so fest, dass auch wir ohne Bedenken ein paar Runden über den Sand düsen können. Das macht mächtig Spaß. Erlaubt sind heute 10 Meilen pro Stunde. Der Strand ist übrigens der berühmteste Strand der Welt, wie ein Schild verrät. Gemeint ist vermutlich wieder die amerikanische Welt. Mit den ganzen Plattenbauten und den dramatischen Wolken, sehr eindrucksvoll, wenn auch nich idyllisch.
Jekyll Island, GA - Daytona Beach, FL Auf der Straße nach Jekyll Island, laufen zwei kleine Schildkröten direkt vor unserem Auto über die Straße. Wie gut, dass wir so langsam unterwegs sind. Andere Schildkröten haben nicht so viel Glück und landen mit Verletzungen im Turtle Hospital of Georgia. Eine von ihnen heißt Mahi, ein Fischer hat sie hergebracht. Angelschnüre haben sich so fest um eine Vorderflosse gewickelt, dass diese amputiert werden muss. Wir können zuschauen, wie die Ärzte im OP an dem betäubten Tier arbeiten. Mahi wird bald wieder in die Freiheit entlassen werden können, wenn die Wunden gut verheilt sind und wenn sie sich an das Schwimmen und Laufen mit drei Flossen gewöhnt hat. Der Driftwood Beach macht seinem Namen mehr als alle Ehre. Treibholz ist gar kein Ausdruck, das grenzt schon an Treibwald, was da so abgestorben und angeschwemmt im Sand nach den Wolken greift. Sehr schön dramatisch. Wenn es nicht so höllisch heiß wäre, könnten wir hier ewig unter den Baumgeistern herumlaufen. Ich habe vermutlich alle Burgerketten an der Ostküste ausprobiert und nur eine einzige mit kulinarischem Potential ausgemacht: Five Guys Burger. Das kann man trotzdem nicht alle Tage essen und so setzen wir uns heute Abend zum Sonnenuntergang mit unserer selbstgeköchelten Krabbensuppe an den Strand. Das hat Stil. Zur Abrundung gibt's dann noch meine neue Lieblingsschokosorte: Salzige Lindorkugeln. Genial.
Myrtle Beach, SC - Mt. Pleasant, SC - Savannah, GA Where can you find pleasure? Search the world for treasure? In the Navy! Jedenfalls gab's da mal so ein Lied. Wir besuchen heute den Flugzeugträger USS Yorktown in Mt. Pleasant. So würden wir das nennen. Hier nennt man das: "In den Fußstapfen von Helden wandern." Entsprechend heißt die Stelle an der die schwimmende Landebahn festgemacht ist auch "Patriots Point". Der Fotograf am Eingang fragt, woher wir kommen. "Germany? Porsche, BMW, Mercedes, Audi!" Und er versteht auch fast, dass wir keine Patriotenbildfotomontage mit Flugzeugträger und amerikanischer Riesenflagge von uns machen lassen wollen. Wie sich das so gehört bei Flugzeugträgern, sind die Decks unglaublich groß und außer dem Landedeck ganz schön verwinkelt. Überall stehen Flugzeuge rum und man fühlt sich ein bisschen wie bei Top Gun. (Das ist ein wahnsinnig alter Film aus meiner Kindheit.) An einer Wand ist stolz aufgelistet, wann wieviele feindliche Flugzeuge, Schiffe und Züge vernichtet wurden. Symbole dafür sind: Die Flagge der japanischen Marine, Enten und Lokomotiven. Bevor wir in Myrtle Beach losgefahren sind, haben wir uns noch herrlich von den kräftigen Wellen hin- und herschmeißen lassen. Schwimmen kann man das nicht nennen, es macht aber mindestens genauso viel Spaß.
Myrtle Beach, SC Nachdem wir gestern einen Shoppingtag eingelegt haben, der sich gewaschen hat, haben wir mit unseren tausend Rabattgutscheinen und Gutscheinen für Gutscheincouponheftchen so viel Geld gespart, dass wir heute mal richtig was Abgehobenes machen wollen. Vor unserem Hotel steht ein riesiges Werbeschild: Helicopter rides 20 $. Das kann überhaupt nicht sein! Hubschrauberfliegen ist superteuer. Die Rundflugbude ist gleich um die Ecke und wir überzeugen uns, dass es tatsächlich Flüge für 20 $ gibt. Scheinbar kann man damit sogar reich werden. Neben dem Landefeld steht ein schicker gelber Lamborghini (es ist nicht gerade der neueste, aber trotzdem...). Natürlich will man uns zu einen längeren und teureren Flug über das Flachland überreden, aber wir bleiben hart. Hauptsache kurz abheben, das reicht uns schon. Mit einem Golfwagen werden wir beim Luftschrauber abgeliefert und schon beginnt unser Billigrundflug. Gar nicht schlecht, sogar am Strand entlang. Wir sind begeistert und kaum ärmer geworden, der Pilot ist nicht so begeistert und kaum reicher geworden. Dabei haben wir noch nicht mal unseren 5 $ Rabattgutschein eingesetzt. Wir sind nämlich gar nicht knausrig. Nach dem erfolgreichen Lowcost Jet Set, gönnen wir uns einen edukativen Einblick in die UFO Forschung. Die Ausstellung wirbt damit, dass man hier echte Aliens anfassen, mit ihnen sprechen und sie abschießen kann. Wenn das keine Sensation ist. Unser Eintrittsgeld erweist sich als lohnenswerte Investition. Endlich werden uns die Zusammenhänge zwischen den Pyramiden, den Inkatempeln und den Außerirdischen klar. Natürlich informieren wir uns auch, wo die letzten UFOs gesichtet wurden. In Deutschland war das am 25.05. diesen Jahres in Leipzig. Drei stationäre weiße Lichter in einer Triangelform wurden beobachtet. Nach einer Weile bewegten sich die drei Lichter synchron. (Man munkelt, es war in der Nähe des Rangierbahnhofs.) Richtig beeindruckend sind die echten Alienkörper, die ausgestellt sind. Einem darf man tatsächlich in den aufgeschnittenen Bauch greifen. Natürlich ist so ein Bauch gefüllt mit grünem Schleim, mit was sonst? Als wir gerade so richtig in dem Alien rumwühlen, werden wir in ein Raumschiff gebeamt, in dem hoch intelligente Lebensformen sich Armaturenbretter mit wild blinkenden Glühlampen gebaut haben. Ein paar iPads haben sie auch installiert. Obwohl uns die Außerirdischen mit ihren gigantischen Köpfen natürlich überlegen sind, schaffen wir es, das Bordsystem zu hacken und auf allen Systemen statt wilder Meteoritenschauer, unseren Blog zu senden. Schöne Grüße! Falls das jetzt so klingt, als ob wir die ganze Sache nicht ernst nehmen - ganz im Gegenteil, wir nehmen die seriösen Forschungsergebnisse genauso ernst, wie das absolute Fotografierverbot in der Ausstellung.
Myrtle Beach, SC Jetzt sind wir da. Endlich wieder Meer. Myrtle Beach ist American Style Strandurlaub. Es gibt Minigolf mit blau gefärbten Wasserfällen und rauchenden Dinosauriern, Dinnershows wahlweise mit Piraten oder Rittern, Riesenräder, Rutschenparks, Revuetheater, Musical, Outlet Malls, Zaubershows, Magieparks, Alienausstellung, Hubschrauberflügen, Autorennstrecke, Tigerbabyfotogelegenheit und Strand. Auf dem Weg nach Myrtle Beach, liegt ein recht großer Sumpf, der sogar Nationalpark ist. Die Bewertungen bei Tripadvisor sind allesamt überschwänglich, das Erlebnis soll ganz unvergleichlich sein, man soll sich aber gut vorbereiten: GPS, Karten, die Ranger vorher per Email kontaktieren und möglichst eine halbe Stunde vor Öffnung des Visitor Centers da sein - nur für alle Fälle. Gerade vor ein paar Tagen hat es eine massive Such- und Rettungsaktion gegeben, da soll man bloß aufpassen, dass man nicht auch so endet. Wir sind die amerikanischen Übertreibungen inzwischen gewohnt und fahren einfach hin, obwohl man das an einem Montag auf keinen Fall machen soll. Da hat das Visitor Center (das übrigens ganz awesome und outstanding ist) nämlich geschlossen. Die Runde auf dem Holzbohlenweg durch den Sumpf, ist dann auch ganz nett, wenn auch nicht gerade speziell und schon gar nicht abenteuerlich. Das outstanding Visitor Center hat leider versäumt, an der aufgestellten Karte einzuzeichnen, welche Stelle des Rundwegs wegen Renovierung gesperrt ist. Trotzdem haben wir uns nicht verlaufen. Und die Mücken haben uns auch ganz ohne GPS gefunden. Aua.
Columbia, SC Zwischen den Bergen und dem Meer liegt unheimlich viel Highway. Unser Versuch, die Strecke mit einem Besuch des größten Privathauses Amerikas aufzupeppen, scheitert. Die Familie Vanderbilt war einmal schrecklich reich und hat sich eine überpompöse Villa mit endlosem Park drumherum gegönnt. Am ersten Tor steht ein Angestellter und winkt jedem Auto zu. Wir halten und fragen, wie viel man denn für den Eintritt zahlen müsste. Der gute Mann gibt vor, es nicht zu wissen. Wir sollen einfach weiterfahren zum Ticket- und Reservierungscenter. Das hört sich nicht gut an. Im Ticketcenter bekommen wir eine Ahnung davon, wie die Familie so reich geworden ist. 60,- $ Eintritt pro Person, Audioguide 10,- $ pro Ohr, Führung mit drum und dran nochmal 55,- $ pro Nase. Wir beschließen die Ausbeutung nicht zu unterstützen und fahren lieber weiter. Der Zufall hilft uns und wir finden einen total hübschen See. Mit Kraftwerk. Der See ist so schön schräg, dass wir sofort 5,- $ für eine Tretbootfahrt investieren. Es kommt echte Industrieromantik auf. Am Ufer spielt der Eiswagen seine polyphone Kinderfängermelodie rauf und runter und ein Hund auf einem Standup-Paddle-Brett fährt vorbei. Die Ferien haben begonnen und der Verkehr ist überdurchschnittlich dicht. Die Straße ist langweilig und wir beschließen, sobald verfügbar, sofort ein selbstfahrendes Auto zu kaufen. Was man während der Fahrt alles machen könnte. Spontan hätten wir Lust einen Tatort anzuschauen. Müsste jetzt gerade gesendet werden. Bevor wir den Highwaykoller kriegen, unterbrechen wir die Fahrt lieber und schlafen im Motel.
Cherokee, NC Das Geld liegt zwar nicht wirklich auf der Straße, aber das Gold steckt im Sand, man muss es nur herauswaschen. John ist seit 1974 auf der Suche nach Gold und führt uns in die Kunst des Goldwaschens ein. In die sogenannte Pfanne, kommt ein Häufchen Sand und Wasser. Dann wird gekreiselt und geschwenkt, damit das schwere Gold nach unten sinkt und dann muss der überflüssige Sand nur noch sachte herausgeschwappt werden. Klingt einfach, ist es auch. Wir finden fünf winzige Goldklümpchen, die mit einer Pipette aufgesaugt und in unser Schatzröhrchen getropft werden. Du meine Güte, sind wir jetzt steinreich. Der Santeetlah Lake liegt wunderschön in dicht bewaldeten Bergen und wir finden den einzigen Bootsverleih am See. Wir lassen uns eine Preisliste zeigen. Es gibt Motorboote für ein paar hundert Dollar die Stunde, oder Kanus für 15,- $. Obwohl das Gold im Rucksack so schön klimpert, bleiben wir vernünftig und fordern ein Kanu an. Gibt's erst morgen wieder, very busy weekend, sorry. Ehrlich? Eigentlich sind die Anlegestellen voller Boote und es scheint kaum eines vermietet zu sein. Man sieht auch fast kein Boot auf dem See. Na gut, aber vielleicht kommen wir morgen wieder und kaufen den ganzen Laden auf. So. In den USA herauszubekommen, was man für einen Artikel aus dem Supermarkt genau bezahlen muss, ist nur schwer möglich. Zum einen werden die verschiedenen Verkaufssteuern erst an der Kasse dazugerechnet und zudem zahlt man überall drauf, wenn man kein Frequent Shopper der Kette ist. Man weiß nie so genau wie viel. Oberste Preispolitik ist Verwirrung. Ein Beispiel: Die Nektarinen kosten statt 6,89 $ pro Kilo nur noch 1,88 $ pro Pfund, wenn man die Bonuskarte des Marktes hat. Noch ein Beispiel: Drei gemischte Salate kosten 7,99 $, mit der Vorteilskarte. Wie viel ein einziger Salat ohne Karte kostet, können auch die Angestellten nicht herausbekommen. Drittes Beispiel: Buy 1, get 1 free. 4,68 $ you save 1,00 $ (with Bonuscard). Der Normalpreis wir in jedem Fall verschwiegen. Also sind wir inzwischen registrierte Bonus-, Vorteils-, und Premiummitglieder in jeder Menge Märkten. Irgend ein armer Hans Wurst aus der Schinkenstraße 12, in 89098 Salamihausen, mit unaussprechlicher Emailadresse, wird dafür vermutlich überschwemmt mit Werbeangeboten und Rabattmarken.
Great Smoky Mountains, TN Himpelchen und Pimpelchen die wollten auf einen hohen Berg. Als sie unten loslaufen wollten, sahen sie ein Schild. Auf dem stand geschrieben: Motor Nature Trail. Die beiden wunderten sich und dachten es sollte wohl richtig Mother Nature Trail heißen. Aber sie irrten sich. Es handelte sich wirklich um einen Drive Thru Wanderweg. Wandern mit dem Auto, ganz ohne auszusteigen, sehr amerikanisch. Him und Pim fanden aber doch noch einen schönen Wanderweg bis zu einem wunderbar feinen Wasserfall. Und wenn sie nicht ertrunken sind, dann planschen sie dort noch heute. In den Great Smoky Mountains leben noch ganz schön viele Bären. Überall stehen Warnschilder, wie man Bären am besten verscheucht. Wir hoffen also darauf, die Chance zu haben, heute einen echten Bären zu treffen. Wir haben Pech, treffen dafür aber Lamas, die wir hier wirklich nicht erwartet haben. Was die hier machen? Die tragen dreimal in der Woche die Vorräte für eine Lodge durch den Wald, hoch in die Berge. Da gibt es keine Straße hin.
Blue Ridge Parkway, VA, NC Der Blue Ridge Parkway ist eine Straße, die 469 Meilen durch die Blue Ridge Mountains führt, fast immer oben am Berggrat entlang. Klingt gut und liegt auch noch auf unserem Weg, also los. Allerdings ist der Parkway kein Highway, was bedeutet, dass man noch weniger schnell fahren darf. Es geht ohne Unterbrechung durch den Wald, bergauf, bergab und immer schön kurvig. Herrlich. So lange am Stück (einen ganzen Tag) sind wir noch nie durch den Wald gefahren. Unterwegs kommt kein einziger Ort, wir finden nur einen einzigen Schuppen, bei dem wir einen phänomenalen Hamburger bekommen. Unterwegs passieren wir unsere persönliche 5000 Meilen Marke (seit Florida). Das sind 8046 Kilometer. Oder 8.800.000 Yards. Wie gut, dass der Treibstoff hier so günstig ist. 3,45 $ pro Gallone. Das sind pro Liter 0,66 €. Man spart also fast einen Euro je Liter. Das macht bei 5000 Meilen... Boa, da haben wir die Flugtickets wieder drin. Nur einmal sehen wir kurz keinen Wald mehr, als wir in die Wolke einfahren. Der Nebel ist so dicht, dass man den Straßenrand kaum erkennen kann. Sehr schön gespenstisch. Als wir am Ziel ankommen, ist es schon fast ganz dunkel. Unsere Lodge liegt natürlich auch im Wald, vor der Veranda fließt ein Fluss und überall blinken die Glühwürmchen.
Country Road, OH, WV, VA Gut, dass wir nicht mit der Pferdekutsche unterwegs sind. Die Strecke, die wir heute hinter uns bringen wollen, zieht sich. Wir machen drei Kreuze, wenn wir ankommen. Die Landschaft draußen ist ganz schön, wenn auch etwas eintönig. Wald, Berg rauf, Berg runter, Wald, Wald, Wald... Gut das es das Radio gibt. Dominierende Musikrichtung im Rundfunk ist Country. Auch wenn wir sonst nicht so sind, bei dem gemächlichen Fahrstil der Amerikaner, mit Tempomat bei 60 Meilen und den ganzen Trucks um uns herum, kann man das ganz gut hören. In den Songs geht es vorwiegend um Frauen, Bier, Trucks, Amerika und den man from upstairs. Ich werde den musikalischen Tag mal in einem eigenen Song zusammenfassen. Noch besser, in einem Musikvideo. Also, schummrige Bar, ich sitze auf einem Barhocker, Gitarre, Flanellhemd den roten Cowboyhut von gestern hab ich auf und ich habe etwas zugenommen. Jetzt geht's los. Gitarre, Schlagzeug und bitte:
So ungefähr. In der nächsten Strophe würde ich noch über das großartigste Land der Welt singen und fertig wäre der perfekte Country Song. Man kann unmöglich den ganzen Tag Country hören, weshalb unser iPod - Radio Verbindungskabel eines unserer wichtigsten Reiseutensilien ist. Musik wie Zuhause, Hörbücher oder auch mal TKKG. Und dann sind wir doch irgendwann einmal angekommen.
Berlin, OH Die Amish leben in ihrer eigenen Vergangenheit. Ohne Strom, ohne Autos, in traditionellen Kleidern. In Ohio gibt es die größten Amish Gemeinden. Wir haben zwar Strom und Internet in unserem Hotel, Handyempfang gibt es aber keinen. Beim Autofahren ist Vorsicht geboten, weil hinter jeder Kuppe eine langsam fahrende Pferdekutsche auftauchen kann. Bevor wir uns hinaus in das Farmland aus dem vorletzten Jahrhundert wagen, bilden wir uns erst mal bei Youtube weiter. Was sind das für Menschen, die es sich scheinbar mit Absicht schwer machen? Und überhaupt, wie verhält man sich wohl am besten ohne plump und aufdringlich zu wirken. Die meisten Religionen haben ja zumindest latente Missionierungstendenzen und erklären sich gerne dem interessierten Besucher. Nicht so die Amish. Die bemühen sich nicht, verstanden zu werden, sie sind ganz auf sich und ihr Leben nach "the Ordnung" konzentriert. Weil sie ursprünglich aus Süddeutschland und aus der Schweiz stammen, sprechen sie ein sogenanntes Pennsylvaniadeutsch. Und Englisch. Gerne auch gemischt. "The Demut" ist ganz wichtig und dazu gehört auch sich nicht fotografieren zu lassen. Zumindest nicht so, dass man das Gesicht erkennen kann. Es könnte als Geste "of the Hochmut" verstanden werden, und selbiger ist tunlichst zu vermeiden, because of the Demut. Die Amish leben stark verbunden mit der Landwirtschaft und Pferde spielen die zentrale Rolle. Sie dienen als Zugtiere für die Kutschen, genauso wie für alles Ackergerät. Technischer Fortschritt wird abgelehnt, weil er der Bequemlichkeit und Beschleunigung dient. Beides ist nicht zu akzeptieren, da es nicht mit the Demut vereinbar ist und die Familie in Abhängigkeiten treibt. Ausnahmen werden aber schon gemacht. So dürfen bestimmte Ackergeräte einen Motor besitzen, wenn dieser nicht die Zugpferde ersetzt. Der Motor darf den Acker durchwühlen, sich aber nicht selbst vorwärts bewegen. (Rückwärts ist vielleicht erlaubt). Auch ein Telefon ist eventuell drin, es muss sich aber auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Wohnhauses in einer Holzhütte befinden. Das verhindert tatsächlich die Abhängigkeit der Familie vom Telefon. Bei Aldi oder Walmart ist dann kurz mal Schluss mit the Demut. Da werden die Einkaufswagen vollgepackt mit Chips, Cola und Aufblasplanschbecken und die Einkäufe in unzähligen Plastiktüten zur Kutsche geschleppt. Katrin kauft in einem tollen Stoffladen feine Tücher zum Nähen. Während der Herr Stoffhändler fleißig zurecht schneidet, überprüfen wir seine Umrechnungsfähigkeiten: "Wie viel Yards hat eigentlich eine Meile?" Er muss schwer nachdenken, dann ist er sich sicher, dass es so ungefähr 500 sein müssen. Ja das kommt von einem so unlogischen Maßsystem, es sind natürlich 1760 Yards. Aber wer kann sich das schon merken. Das Wissen nützt ja auch kaum was. 2,5 Meilen wären also... schon geht es nicht mehr ohne Taschenrechner.
Niagara Falls, NY - Millersburg, OH Eigentlich wollen wir gar nicht auschecken. Emilia aus Bulgarien führt ihr kleines Motel so voller Hingabe, wenn alle Hotels nur halb so gut gemanagt würden - die Welt wäre ein Reiseparadies. Auch die US-amerikanische Seite der Niagara Fälle ist toll. Viel los ist hier auch nicht. Nur ganz kurz wird es eng, als die olympische Flamme der Hoffnung der Special Olympics (für die mentally challenged people) mit großem Polizeiaufgebot zum Posen und für ein Interview vor den Fällen einen Stopp einlegt. Weil ich so schön im Weg rumstehe, bin ich heute auch in der Zeitung zu sehen. Von hinten, damit man den schönen blauen Rucksack besser sehen kann. Hier. Unser nächstens Ziel ist irgendwo in Ohio. Wir fahren am Lake Erie entlang und ich bedauere noch, dass wir nicht durch Detroit kommen. Die Stadt ist ja bankrott und das hätte mich schon interessiert, wie so eine Stadt nach der Pleite aussieht. Wir fahren auf einer aufgeständerten Straße durch Buffalo und ich bekomme meine Portion Niedergangsszenario: Die Hafen sieht erbärmlich aus. Überall leerstehende und zerfallende Industrieanlagen. Marode Straßen, kaputte Gleisanlagen leere Hafenbecken. Der Automobil- und Stahlindustrie geht es nicht gut und Buffalo hatte früher einmal doppelt soviele Einwohner wie heute. In Ohio machen wir, nach den ganzen Städten, ein wenig Landurlaub.
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