Schön war's. Drei Monate durch Australien, Singapur, die Philippinen und Korea. Was uns am besten gefallen hat? Die Weite und der Himmel Australiens, das leckerste Essen der Welt in Singapur, der Slogan: It's more fun in the Philippines", die perfekte Ordnung in Korea und die Begegnungen mit so vielen interessanten Menschen. Jetzt freuen wir uns auf zwei Wochen Reisepause in Deutschland. Wegen dem frühen Frühling, ist das Kirschblütenfest in Seoul vorverlegt worden. Das Fest ist ein würdiger Abschluss dieser Reise, auch wenn gar nicht so viel los ist. Zum Abschied bekommen wir vom Hotelbesitzer in Seoul drei Packungen feinste Algen geschenkt und dann geht alles sehr schnell. Schlafen, Taxi, Flugzeug und schon sind wir wieder in Frankfurt. Es ist ganz eigenartig auf einmal andere Leute Deutsch reden zu hören. Alles ist anders und wo ist überhaupt die Höflichkeit geblieben? Wir sind nicht besser: Hab ich wirklich gerade diesen blöden Spruch über die Typen neben uns rausgelassen? Auf Deutsch? Laut? Autsch! Das müssen wir uns schnell wieder abgewöhnen.
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Die USO, die United Service Organisation, ist eigentlich dazu da, die Soldaten der USA zu bespaßen. Auftritte von US Stars und Sternchen bei den Truppen im Ausland oder hin und wieder auch mal ein Ausflug in die Umgebung, solche Sachen macht die USO. In Korea gibt es viele US Soldaten und die schauen sich natürlich gerne mal den Klassenfeind aus der Nähe an. Mindestens genauso interessiert wie die Soldaten und sogar noch zahlreicher sind die Touristen. Wer sich artig vorher anmeldet und alle Formulare unterschreibt, wird mit dem Bus zur Grenze nach Nordkorea gebracht. Auf dem ersten Formular steht, dass die Tour mit einer gewissen Lebensgefahr verbunden ist. Das zweite Formular, auf dem steht, dass man auf keinen Fall spaßige Sachen machen darf, niemand von drüben zurückwinken oder gar zwinkern darf, ist gerade aus. Aber Sergeant Scholz passt genau auf, dass wir bloß keine Anbiederung mit dem Norden unternehmen. Die Grenze, die Nord- und Südkorea spaltet, hat den unpassendsten Namen, den man sich denken kann: Demilitarisierte Zone (DMZ). Es wimmelt nur so vor Militär, Kampfgerät und alleine auf der südkoreanischen Seite liegen mehr als 2 Millionen Minen entlang der 250 Kilometer langen und 4 Kilometer breiten Grenze. Es ist eine Grenze der Ideologien und wir bekommen während der Tour die Südversion der Geschichte erzählt. Es gibt innerhalb der DMZ zwei Dörfer. Eines auf der Nordseite und eines auf der Südseite. Das Dorf auf der Südseite heißt Friedensdorf. Das Nordäquivalent wird Propagandadorf genannt. Im Propagandadorf stand zuerst ein sehr hoher Fahnenmast, mit der Flagge Nordkoreas. Südkorea ließ daraufhin einen höheren Mast im Friedensdorf bauen, stolze 100 Meter hoch. Es dauerte nicht lange, da wurde der Mast im Norden auf 160 Meter Höhe ausgebaut. Im südlichen Friedensdorf müssen die Einwohnen ab Sonnenuntergang in ihren Häusern sein und Türen und Fenster verschlossen halten. Wenn es dunkel wird, schallen nämlich aus dem Propagandadorf schädliche Parolen und Lobeslieder auf den Obersten Führer herüber. Weil das Licht in den Häusern im Propagandadorf immer zur exakt gleichen Zeit angeht, weiß man im Süden, dass der Ort überhaupt nicht bewohnt ist. Eine Kulisse also. Wir dürfen zum Propagandadorf hinüberfotografieren. In Richtung Friedensdorf sind Fotos tabu. Nordkorea nennt sein Dorf übrigens Friedesdorf und das Dorf im Süden Propagandadorf. Es ist superstreng verboten irgendwelche Militäranlagen Südkoreas zu fotografieren. Die nordkoreanischen Anlagen dürfen gerne abgelichtet werden. Bei jeden Stopp werden wir erinnert: "Guys remember, all cameras pointing towards North Korea, all the time." In den blauen Hütten verläuft die Grenze genau über den Schreibtisch. Hier wurde der Vertrag zum Waffenstillstand 1953 unterzeichnet. Und sollte man sich mal wieder an einem Tisch treffen, dann hier. Drinnen dürfen Touristen sogar in die nordkoreanische Seite des Raumes wechseln. Die zwei demonstrativen Süd Soldaten, ballen ihre Fäuste und sind dazu da, uns vor Nordkorea zu beschützen. Mit Taekwondo und Pistolen. Sonntag, Montag und Dienstag gibt es keine Zutrittserlaubnis für den Süden, dann kommen die nordkoreanischen Touristen durch die andere Tür und machen Fotos. Zumindest theoretisch. In Südkorea gibt es ein Ministerium der Wiedervereinigung. Es wurde auch schon ein brandneuer Bahnhof an der Grenze eingeweiht, um die Zugstrecke, gleich nach der Wiedervereinigung mit dem Norden des Landes zu verbinden. Streckenkarten zeigen, wie man bald mit dem Zug von Seoul nach Berlin und Paris reisen kann. Hyundai hat die Wiedervereinigungsbrücke spendiert und überall kann man die frohe Kunde der Wiedervereinigung lesen. Im Besucherzentrum wird ein toller Film gezeigt: "End of separation, towards unification." Die animierte Grafik zeigt, wie die blaue Hälfte des Landes (Südkorea) von der roten Hälfte (Nordkorea) getrennt ist. Nach emotionalisierenden Bildern von Krieg, Trennung und blühender Wirtschaft, erscheint zu monumentaler Musik der Schriftzug Wiedervereinigung und das ganze Land wird blau...
Vermutlich stellt sich Kim Jong Un die Wiedervereinigung auch genauso vor, nur eben in rot. Was der gemeinsamen Sache erheblich im Weg steht. Auf dem Fischmarkt in Busan, gibt es mehr Meerestiere zu sehen, als im Aquarium. Hochinteressant, allerdings eher derb. Die Tierchen gibt es in aufgeschlitzt, getrocknet, gekühlt, gefroren, eingelegt, gebraten, am Schnürchen, gesalzen, halbiert oder noch lebend. Einer kleinen Krake gelingt die Flucht aus ihrem Präsentierteller. Mit mutigen Armschlägen, zieht sie sich erstaunlich schnell durch die angrenzenden Pfützen. Die Passanten sind kaum überrascht, heben aber artig ihren Füße, um nicht auf das Glibbertier zu treten. Die Krake ist wild entschlossen, das offene Meer zu erreichen - es wären noch 20 Meter zu schaffen - leider entdeckt der Händler aber den Fluchtversuch und lässt den Flüchtling in eine Schüssel platschen. Ich überlege kurz, ob ich den kleinen Helden kaufen soll und ihn im Hafen freilasse, fürchte aber, ihn möglicherweise frittiert in der Tüte zu bekommen. In Südkorea werden die Menschen sehr alt. Manche sagen, dass das auch an den Algen liegt, die hier so gern gegessen werden. Jedenfalls gibt es genügend alte Menschen, aber vergleichsweise wenig Kinder, von denen man sowieso so gut wie nichts sieht. Wenn nicht gerade Schule ist, werden die Kinder täglich in Förderkursen oder Trainingsanstalten versteckt und danach müssen ja noch die Hausaufgaben gemacht werden. Dafür gibt es dann auch PISA Spitzenplätze. Der Spiegel hat dazu ein paar Bilder. Damit die Senioren schön lange fit bleiben, stehen überall Trainingsgeräte in Parks oder an Straßenecken. Da könnten auch Kinder toll dran rumturnen - wenn sie denn Zeit hätten.
Strahlend blauer Himmel und fast gar kein grauer Dunst, also schnell aufs Dach und die Aussicht genießen. Soweit der Plan. Da unser Haus aber so pingelig gegen unbefugtes Betreten gesichert ist, kommt man nur in seinem eigenen Stockwerk aus dem Liftvorraum heraus. Ein Treppenhaus gibt es zwar, aber mit fiesen Doppelmetalltürfallen. Die erste Tür lässt sich von beiden Seiten öffnen, die zweite lässt sich von der Treppenseite aus nicht öffnen. Verklemmt man die Tür, damit sie offen bleibt, fängt sie unerträglich an zu piepsen. Ich probiere im Liftraum 23. Stock alle Kombinationen aus Schlüsselkarten, Transpondern, Zugangskontrollen und Codesperren - es hilft nichts. Der einzige Weg aufs Dach geht so: In unserem Stockwerk (9) rein ins fensterlose Treppenhaus, die Metalltür für immer zuschlagen lassen, bis zum 23. Stock rauflaufen, aufatmen weil die Tür aufs Dach wirklich auf geht, Fotos machen und anschließend alle 23 Stockwerke runterlaufen und hoffen, dass ganz unten auch offen ist. Etwas unheimlich war das schon. Einen UN Friedhof gibt es nur einmal auf der Welt. Hier in Busan liegen Soldaten aus vielen Nationen vereint im Tot. Gefallen im Koreakrieg 1950 - 1953. Fast eine Million Soldaten haben während des Krieges ihr Leben gelassen, genau wie drei Millionen Zivilisten. Seit 1953 ist Waffenstillstand und hüben (Süd) wie drüben (Nord) wird mit Säbeln gerasselt und mit Raketen gezündelt. Ähnlich wie in Deutschland, ist es in Korea, viel zu früh, schon viel zu warm. Man könnte durchaus schon ein kleines Bad im Meer nehmen. Im Sommer sind am Haeundae Strand bei schönen Badetemperaturen bis zu 500.000 Urlauber. Heute ist es eher überschaubar.
In Busan werden jährlich die wichtigsten Filmfestspiele Asiens gefeiert. Für den passenden Rahmen sorgt ein ausgefallenes Kino. Das Design ist umwerfend, was man vom Englisch der Angestellten nicht behaupten kann. Trotz Mithilfe mehrerer Kinoleute, können wir nicht herausbekommen, um welche Uhrzeit denn hier ein englischsprachiger Film im großen Saal gezeigt wird. Wo steht eigentlich das größte Kaufhaus der Welt? New York? Dubai? London? Nein, in Busan. Von außen so unspektakulär, dass sich ein Foto nicht lohnt, von drinnen riesig, mit einer Essensauswahl, die einen zur Verzweiflung bringen kann. Kaum hat man die Hälfte der Essstände angeschaut, hat man schon wieder vergessen, was es eigentlich bis hierhin schon alles gab. Man kann sich folglich gar nicht richtig entscheiden. Wir machen zum Bestellen Fotos vom Wunschessen, laufen damit zum Bestelltresen und lassen uns überraschen. Manchmal malen wir auch lustige Tierskizzen auf kleine Zettelchen um herauszukriegen, was wir gleich auf den Teller bekommen. Google hilft uns mit der Behauptung, dass non spicy, 비 매운 heißt. Aber trotzdem ist der erste Suppenversuch heute höllenscharf. Wir versuchen eine zweite 비 매운 Suppe. Höllenscharf Teil 2. Wir greifen zum letzten Mittel: Dem Übersetzer Service, den es in jedem guten Kaufhaus gibt. Wir möchten wissen, ob 비 매운 nicht vielleicht doch "scharf" heißt. Nachdem wir unsere Frage vorgebracht haben, schaut uns der Mann hinterm Tresen verzweifelt an: "Exkiiuuuusa me". Auch die Frage, ob das hier der Übersetzer Service ist, versteht er nicht wirklich. Dann essen wir eben Muffins. Und Blaubeertaschen. Und Waffeln. Mhhhh. Süd Korea hat das schnellste Internet der Welt. LTE war vorgestern, die Nachfolgetechnik LTE Advanced gibt es hier seit einem Jahr und der flächendeckende 5G Ausbau ist bereits beschlossene Sache. Damit die Versorgung an jedem Ort (heiliger Berg, Krankenhaus, Metro) fantastisch ist, stehen überall Sendemasten. Und damit alles sicher bleibt, stehen überall Kameramasten. Es besteht also die Gefahr, den Wald vor lauter Masten nicht mehr zu sehen. Damit das nicht passiert, werden solcherlei Masten in Korea gerne als Bäume getarnt. Auf einem der Bilder ist ein Kameramast versteckt. Findest du ihn? Mensch, irgendjemand hat viel zu viele Dachziegel bestellt! Was machen wir denn jetzt? Keine Ahnung! Die Dinger müssen wir irgendwie unterbringen, sonst gibt's Ärger vom Chef. Okay, hier ist der Plan: Wir machen oben am Dachfirst einfach ganz viele Ziegel übereinander, das merkt kein Mensch. Sehr gut, aber wenn das nicht reicht? Dann bauen wir einfach ein paar Mauern aus Dachziegeln. Du spinnst, das geht doch gar nicht! Doooch, man muss nur genügend Mörtel dazwischen machen, schau her. Klasse, du bist ein Genie. Weiß ich, und wenn dann immernoch was übrig bleibt, dann verkaufen wir's an die Touristen, hihihi.
Wir ziehen um, ans andere Ende von Süd Korea. Busan ist die zweitgrößte Stadt, liegt am Meer und ist von Seoul 2,5 Stunden entfernt, wenn man mit dem TGV fährt, der hier KTX heißt. Bevor man die Bahnsteige betritt, überquert man eine gelbe Linie, auf der steht: "We trust you." Fahrkartenkontrollen gibt es weder am Bahnsteig, noch im Zug. Beim Schwarzfahren erwischt zu werden, wäre wahrscheinlich ein Gesichtsverlust, der die mögliche Ersparnis nicht rechtfertigen würde. Bevor wir in letzter Minute einsteigen können, werden wir noch von einer Dame aufgehalten, die uns unbedingt sagen muss, dass wir schön aussehen und in Korea willkommen sind. Beim Aussteigen in Busan werden wir von einem singenden Trio mit lila Kreuz und einem Saxophon gesegnet. Unsere neue Vermieterin hat für unsere Ankunft eine Art Schnitzeljagd vorbereitet. Wir haben eine falsche Adresse bekommen, zusammen mit der Instruktion, die elektronischen Schlüssel aus dem Briefkasten zu fischen und damit in den 9. Stock zu fahren, diverse Kästen zu bedienen und dann die Wohnung zu öffnen. Da wir wissen, dass das Apartment irgendwo hinter dem Grand Hotel sein muss, suchen wir die Gegend einfach nach einem mindestens neunstöckigen Haus ab. Dann schleichen wir uns am Wachmann vorbei, fummeln den Briefkasten 901 auf und finden tatsächlich ein paar Keycards. Der Rest ist ein Kinderspiel und wir werden mit einem schicken Zimmer mit dem besten Bett Koreas belohnt.
Jaaaaaaa! Kirschblüte! Diesmal machen auch alle Bäume mit. Genau der richtige Tag um sich den "Geheimen Garten" anzuschauen. Der Garten hinter dem Kaiserpalast ist so geheim, dass man ihn nur im Rahmen einer Führung besichtigen darf. 100 Leute pro Gruppe sind dabei und die Erläuterungen sind auf Koreanisch, wir verstehen also nur 역 (Bahnhof). Die Kirschen blühen wirklich wunderschön, aber so richtig geheimnisvoll ist der Garten mit den anderen 98 Untertanen nicht. Nach einer Weile braven Hinterherdackelns, setzen wir uns ab und schleichen ganz alleine durch Kaisers privaten Park. Das ist schon viel besser. Überwachungskameras gibt es hier sowieso viel zu viele - wer soll die alle im Auge haben? Wir bleiben ungestört und werden später am Ausgang noch nicht mal in den Kerker geworfen. Auf dem Rückweg merken wir schon in der Metrostation, dass etwas nicht stimmt. Ein dunkler Zug fährt durch. Auf der grafischen Anzeige am Bahnsteig wird normalerweise angezeigt, wo sich der nächste Zug befindet. Heute stapeln sich die Züge geradezu. Die nächste Bahn nimmt uns mit und verbummelt mit uns eine gefühlte Ewigkeit bis zur nächsten Station. Was ist denn da los? Sonst läuft hier doch alles so präzise und perfekt organisiert. Nach einigen Warteminuten auf der nächsten Station, eine sehr lange Durchsage (역역역역역역) und dann geht das Licht aus. Das verstehen sogar wir. Wir steigen also aus und winken uns an der Oberfläche ein Taxi her. Der Chauffeur steuert uns von einem Stau in den nächsten. Er zeigt uns die roten Pfeile auf den Displays über den Straßen. Haben wir verstanden. Dann erzählt er ganz viel und fragt uns etwas. "Bahnhof" wird er wohl nicht meinen. Er übersetzt mit seinem Handy: "Shoot" und schaut uns begeistert an. Ahhhm, ja. Erschießen will er uns wohl nicht, aber er wartet auf Antwort. Unser Handy hat Akkuschwäche und wir können gar nicht zurückfragen. Deshalb probiert er noch weitere Begriffe zu übersetzten, es kommt aber immer "shoot" heraus. Die Fahrt dauert 90 Minuten und so hat der Fahrer viel Gelegenheit uns weiter zu unterhalten. Auf einer Brücke wird er wieder ganz aufgeregt und zeigt auf die gesperrte Nachbarbrücke mit dunklen Trucks drauf. Dann bringt er ein Filmplakat von "The Avengers" auf sein Handy. Jetzt fällt der Groschen. Und Zuhause googeln wir uns den Rest zusammen. Ab heute wird in Seoul der neue Avenger Film (Age of Ultron) gedreht. Der Regisseur Joss Whedon hat sich in einem YouTube Video schon mal im Voraus für die zeitweise Zerstörung und Störung Seouls entschuldigt. Im Frühjahr 2015 können wir dann nochmal 90 Minuten im Sitzen verbringen und im Kinosessel verfolgen, wie die Brücke neben unserem Taxi in die Luft fliegt. Kaboooom!
Im Ice Museum ist alles aus Eis. Es ist weniger als wenig los, wir sind die einzigen Besucher. Nach zwei Minuten wissen wir auch warum. Es ist supermegawaaaaahnsinns kalt. Minus 17 Grad. Auf die Eisrutsche haben wir schon keine Lust mehr. Schnell raus hier! Den Rest vom Tag verbringen wir damit zu essen. Das ist in der Regel erfreulich, weil immer billig und meistens sehr lecker. Inzwischen sind wir koreanische Speiseprofis und es wird Zeit, unseren persönlichen Stäbchen Level Guide zu veröffentlichen. Man kennt das ja vom Sushi Essen: Die Häppchen mit den Holzstäbchen in den Mund zu bekommen, erfordert Konzentration, ist aber machbar (Level 1). Schwieriger wird es bei glitschigen Sachen, wie Nudeln in Suppe, wenn man sie mit rutschigen Kunststoffstäbchen zu greifen versucht (Level 2). Expertenniveau ist spätestens erreicht, wenn man zu Muschelsuppe mit Glasnudeln (die Mutter der Glibschigkeit) polierte Metallstäbchen gereicht bekommt (Level 3).
In Korea bekommt man zu jedem Essen Kimchi serviert. Das sieht aus wie blutiger Kohl und erinnert im Geschmack an überhaupt nichts Bekanntes. Sauerscharfgemüsigfischig. Wenn man sich erst mal dran gewöhnt hat, ist es nicht schlecht. Auf das Kimchi sind die Koreaner sehr stolz, dessen Zubereitung ist sogar inzwischen UNESCO Kulturerbe. Es gibt allerdings eine Bedrohnug des traditionellen Kimchi. In letzter Zeit werden weniger traditionelle Zubereitungen immer beliebter. Da kommt dann der Chinakohl - Achtung Skandal - aus China! Also heute ist mir was Verrücktes passiert. Ich war gerade so beim Tanzen, da sehe ich auf der anderen Straßenseite eine fantastische Lady, die ich unbedingt kennenlernen musste. Im Foyer sprach ich sie dann an. Sie hieß Katrin, war sehr klein, aber sehr hübsch und ganz schön frech. Sie fragte mich als erstes, ob ich mitmachen würde, die Mona Lisa aufzupumpen. Ich hatte ein ziemlich ungutes Gefühl beim Schmiere stehen und natürlich wurden wir erwischt. Zur Strafe wurde sie in eine klitzekleine Box gesteckt und zu einer bösen Hexe geschickt. Die zauberte ihr den Kopf ab, was ich zuerst für einen Scherz hielt. Als mich die Hexe aber gleich darauf in das Maul eines riesigen Monsterfisches warf, wurde mir ganz angst und bange. Ich fiel durch den unendlich tiefen Schlund des Fisches, bis ich in einer unendlich großen, hell erleuchteten Halle auf dem Boden landete. Das musste der Magen sein. Was hatte der Fisch nicht alles verschluckt. Ganze Häuser standen hier herum. Ich lief in das erstbeste Haus hinein und wollte gerade tief durchatmen, als ein Drache durch die Wand hereinbrach und mich offensichtlich als Vorspeise verputzen wollte... Katrin hatte in der Zeit die Hexe ausgetrickst und ihren Kopf wieder zurück auf ihren Körper gezaubert, den Hexenbesen geklaut und die Fliege gemacht. Leider hatte sie in der Schule geschwänzt, als das Fliegen auf einem Besen drangekommen war. Es kam, wie es kommen musste und bei einer besonders riskanten Kurve, stieß sie so doll an einer Wolke an, dass sie kopfüber durchs Dach des Opernhauses in den Schwanensee stürzte. Auf der Bühne purzelte sie zwischen die Ballerinen und schwang solange das Tanzbein mit, bis sie der wütende Operndirektor von der Bühne jagte. Es folgte eine Flucht mit dem Käfer des Direktors und diversen anderen Transportmitteln, bis sie irgendwann von der Zeit verschluckt wurde. Inzwischen hatte ich es geschafft aus dem Monsterfisch zu entkommen - fragt nicht wie. Auf einem im Wasser treibenden Baumstamm erreichte ich das Ufer. Ich musste noch einige Abenteuer bestehen um Katrin aus der Zeit zu befreien. Wer schon mal versucht hat jemanden aus der Zeit zu retten, weiß, dass man dazu mindestens einen Umweg in den Weltraum unternehmen muss um alle möglichen Kontinua gerade zu biegen. Am Ende wurde aber doch noch alles gut und wir beschlossen uns erst mal ein paar schöne Tage in Südkorea zu machen.
Beim Frühstück in Seoul läuft auf SWR 3 "(No) Money On My Mind". Ein gewisser Herr Sam Smith hat also kein Geld im Sinn. Wie schön, wir machen uns gerade auch keinen Kopf um's Geld. Dass es das Lied unseres Tages werden soll, wissen wir noch nicht. Nachdem wir das Hotel spontan in bar bezahlen mussten, sind wir fast pleite. Macht überhaupt nix, schließlich funktioniert ja noch eine von unseren zwei Master Cards und am Flughafen ging das mit dem Abheben ja ruck zuck. Also ziehen wir munter los und holen uns von unseren letzten 12.000 Won (8,- €) ein schickes Zweitfrühstück. Dass die ersten Geldautomaten unsere Karte nicht akzeptieren, nehmen wir gelassen. Irgendwann schwant uns aber, dass die Sache System hat. Ich frage einen Bankbeamten mit der Karte in der Hand, ob der Automat denn Master Card akzeptiert. Der Banker dreht die Karte hin und her und sagt: "International Credit Card? Union Pay?" Ich antworte: "Master Card." Er: "What is Master Card?" Okay, jetzt wird es beunruhigend. Wir haben plötzlich ganz schön Geld im Sinn, weil wir nun wirklich gar nix mehr in der Tasche haben. Es folgt eine Odyssee von Geldautomat zu Geldautomat. Nachdem wir von so ziemlich jedem Automaten im Stadtteil eine Abfuhr bekommen haben, offeriert uns die Citibank Geld. Allerdings zu einem sensationell schlechten Kurs. Und angeblich sollen dann auch noch 30,00% Gebühr dazukommen. Wie bitte? 30%? Dagegen wäre Bankraub ja eine zu vernachlässigende Ordnungswidrigkeit. Uns bleibt keine Wahl. Wir hoffen auf einen Darstellungsfehler und tippen auf 3%. Mit frischem Geld in der Tasche, lebt es sich gleich wieder viel unbeschwerter, Juhu. Neuer Song des Tages: No more counting dollars, we'll be counting stars... Wie die Koreaner vor der Erfindung der Plattenbauten gelebt haben, kann man sich im Korean Folk Village anschauen. Schlicht und einfach, lautet die Devise für die Räumlichkeiten, soviel erkennt man sofort. Das Gegenteil gilt für die traditionelle Hochzeit, die ist an Aufwand kaum zu überbieten. Während der Bräutigam auf dem hohen Ross daher kommt, wird die Braut in einer Sänfte herbeigetragen. Das geht auch kaum anders, denn das Brautkleid wiegt so viel, dass die Gute für das Aufstehen und Hinknien während der Zeremonie, zwei Hochhebedamen zur Seite gestellt bekommt. Und sie muss sich natürlich sehr oft hinknien und wieder aufstehen. Es war einmal ein König, der wollte, dass Suwon die neue Hauptstadt Koreas werden sollte. Er ließ einen prächtigen Palast bauen und eine große Festungsanlage um die Stadt errichten. Das dauerte natürlich viele Jahre. Und wenn er nicht gestorben wäre, bevor das alles fertig war, wäre Suwon wohl auch Hauptstadt des Königreichs geworden.
Das Schönste zuerst: Katrin darf morgen aus der Klinik auschecken! Zumindest auf Bewährung, am Montag müssen wir nochmal zur Kontrolle vorbeischauen. Das ist so schön, dass das trübe Wetter gar keine Chance hat zu wirken. Und überhaupt, wenn man ganz nah ran geht, ist auch schon hier und da Frühling. Es gibt genau einen Kirschbaum in Seoul, der jetzt schon blüht. Deshalb bekommt er auch maximale Aufmerksamkeit und darf sich wie ein Star fühlen. Von Fotografen umlagert. Bei so schönen Blüten, werden auch die Mönche ganz romantisch und dekorieren ihren Tempel mit bunten Laternen und Blütenkerzen. Fische immer nur in Glaskästen zu präsentieren wird auf die Dauer langweilig. Langweilig ist total out und deshalb gibt es im Aquarium Seoul Fische auch mal im Kühlschrank, in der Waschmaschine, Telefonzelle, Laterne oder im Bildschirm (als Bildschirmschoner). Da quieken die Teenies. Los, mach ma Foto von mir mit Fisch in Waschmaschine. Noch eins, ich mit Fisch im Klo! Nicht schön, aber anders.
Im Krankenhaus gibt's gute Neuigkeiten. Katrin geht's immer besser. Das Fieber ist weg, der Lunge macht sich prima, aaaaber die Leber muss noch gepflegt werden. Das Personal kümmert sich ganz rührend und ich pass auf, dass vom Essen nicht so viel übrig bleibt. :-) Incheon ist der Vorort mit dem Flughafen, so 30 Kilometer von Seoul entfernt. Der Vorort hat fast so viele Einwohner wie Berlin und liegt am Gelben Meer. Irgendwie ist das Gelbe Meer aber reichlich grau, was ganz gut zur Incheon passt. Man hat viele Wände, Treppen und Stromkästen bunt angemalt und große Essensattrappen aufgestellt. Das hilft ein bisschen gegen die Tristesse. Es gibt sogar einen desolaten Vergnügungspark am Meer, komplett mit stillgelegter Monorailbahn, die vor Selbstmitleid zerfällt. Deprimiered. Ich fahr dann man zurück nach Seoul.
Katrin sieht heute schon viel besser aus. Fieber sinkt, Appetit steigt. Sehr gut. Das Krankenhausbett muss sie aber schon noch eine Weile hüten, denn die Lunge rasselt ganz blöde beim Luftholen. Nachdem ich auf dem Kliniksofa am helllichten Mittag eingeschlafen bin und sogar die Putzfrau verpasst habe, muss ich doch noch kurz raus in die Stadt. Auch Seoul sieht heute noch viel besser aus. Dieses Wochenende ist das Dongedaemun Design Plaza eröffnet worden. Seoul ist eine von nur zwölf UNESCO Design Städten weltweit. Und da passt diese Augenweide von einem Gebäude natürlich besonders gut ins Bild. Auch innen drin ist die Architektur so ein Blickfang, dass die Ausstellungen fast zur Nebensache werden.
Katrin geht es immer noch nicht gut. Aber wieder ein kleines Stück besser. Das Fieber ist schon recht niedrig. Ich mache einen auf Pflegedienstpraktikant und tüdel so um die kleine Frau mit den süßen Punkten herum, bis uns beiden ganz schwindelig ist. Mein heutiger außerhospitaler Plan lautet: Nach dem Mittagessen in der Klinik, schnell in den Bukhansan Natonalpark fahren, dort einen 650 Meter hohen Berg besteigen und zum Abendessen wieder zurück im Krankenhaus zu sein. Klingt knapp? Ist es auch. Beim Losfahren, weiß ich noch nicht, dass mich das Bananen Kommando zusätzlich aufhalten wird. Aber von vorne. In den Nationalpark kommt man mit der U-Bahn für 0,80 €. Dann folgt man einfach den Horden der outdoorgestylten Senioren. Weil ich nur Jeans, Pulli und Turnschuhe auffahren kann (und weil die Zeit knapp ist) kompensiere ich meinen Style Fauxpas mit Höllentempo. Dagegen ist Nordic Walking Zeitlupe. Kaum bin ich im Wald, lockt mich ein Tempel mit seltsamen Klängen: Gebete oder Sutren aus dem Lautsprecher, untermalt von amerikanischer Country Musik. Das ist abgefahren. Auf dem ganzen Tempelgelände ist niemand. Doch hinter dem Tempel sitzen in einer Ecke fünf Frauen auf dem Boden und machen Picknick. Ich scheine der erste Mensch seit Monaten zu sein, denn die Fünf quieken ganz aufgeregt als sie mich sichten und winken mich her. Please, please photo! Okay, ich knipse das Grüppchen mit allen verfügbaren Handys. Zum Dank darf, soll - nein muss ich mich zu ihnen setzen und einen Kaffe, eine Orange, eine Banane, einen Erdnussbonbon und Vitamin C Pulver einnehmen. Am besten gleichzeitig. Sehr nett. Wir verstehen uns so gut wie gar nicht, was die Unterhaltung nicht weiter stört. Ich habe die Banane noch zur Hälfte in der Hand, da bekomme ich schon die nächste Banane in die andere Hand gedrückt. Geschält. Ablehnen zwecklos. Während ich das zweite Calciumtorpedo verspeise, kann ich gerade noch verhindern, dass die vierte Banane geschält wird. Nummer 3 liegt schon nackig vor meinen Füßen. Widerstand wird lächelnd ignoriert. "Banana good. Korea good, yes?" Ja ja, aber ich wollte noch auf einen Berg steigen. Es dauert ewig, bis ich mich aus der Gastfreundschaftszwickmühle befreien kann. Mein fehlendes Bergoutfit, scheint mich für den Aufstieg zu disqualifizieren. Dass ich wirklich noch auf den Berg will, scheint nicht anzukommen, wo's doch so gemütlich ist im Tempel. Und die ganzen Bananen - es sind bestimmt noch 20 übrig. Auf dem Weg nach oben erfinde ich Mountain Running. Ich bin tatsächlich erstaunlich schnell ganz oben und weniger erstaunlich fix und alle. Tolle Aussicht, die Häuser wo die U-Bahn sein muss, sind ganz unerhört weit weg und weit unten. Ich hab sogar Vesper dabei, aber die Bananen... Bergab geht's nicht wirklich leichter aber noch schneller. Ich sause so schnell an den Auf- und Absteigern vorbei, dass ich mich frage, ob ich jemals wieder anhalten kann. Ich komme auf die Sekunde genau zum Abendessen im Krankenhaus an und kann sogar noch Bananen aus meinem Rucksack beisteuern. Im Hotel finde ich heraus, dass schon jemand anders Mountain Running erfunden hat. Dann erfinde ich eben Mountain Running without stylish outfit.
Katrin wird weiter kräftig untersucht und fühlt sich zum Glück schon ein ganz kleines bisschen besser. Das Fieber ist auch etwas gesunken. Trotzdem muss sie natürlich noch in der Klinik bleiben, bis alles wieder ganz gut ist. Nach der Morgenvisite im Krankenhaus, muss ich mal eben mit unseren ganzen Sachen umziehen. Aus dem Apartment ins Hotel, mit dem Taxi sollte das kein Problem sein. Ist es aber. Ich habe die neue Adresse auf koreanisch dabei, zeige Google Maps mit koreanischen Straßennamen und markiertem Wunschpunkt. Zusätzlich kann ich noch mit laufendem Navi auftrumpfen. Die Strecke ist denkbar simpel: 10 Kilometer geradeaus, links abbiegen, Ziel erreicht. Trotzdem lassen mich zwei Chauffeure stehen und Kapitän Nummer 3 ist unheimlich nervös, ob das auch klappen wird. Ich halte ihm die ganze Zeit den schnurgeraden blauen Pfeil mit der Kilometerangabe bis zum Abbiegen unter die Nase, was ihn nicht davon abhält mich zu nötigen, während der Fahrt das Hotel anzurufen. Ehrlich, mit der U-Bahn wäre das einfacher gewesen... Ich halte also die hiesigen Taxifahrer für komisch. Jetzt ist Seoul am Zug mich komisch zu finden. Als ich so schöne Fotos von den Metallprofilen machen möchte, werde ich zuerst misstrauisch beäugt, dann rotten sich die Stahlbesitzer zusammen, beratschlagen, tuscheln und beschließen anscheinend, dass ich mindestens einen Knall habe. Meine Versuche ihnen die Ästhetik ihrer Profillagerkunst zu zeigen, scheitern kläglich. "You crazy." Jetzt bin ich wieder dran. In der U-Bahn preist ein Herr mit Anzug und Kravatte, leuchtende Kugelschreiber im Doppelpack an, die man sich wahlweise in die Nase, in die Ohren oder an die Schläfen halten kann. Es scheinen wundersame Heilstrahlen zu sein, die die Leuchtstifte aussenden, denn bei jeder Berührung am Kopf, strahlt das Verkaufsgenie immer noch mehr. Und jetzt kommt das Komische: Bis zum Erreichen der nächsten Station hat der halbe Wagen die Zauberdinger gekauft. Nachmittags und Abends bin ich wieder im Krankenhaus und klaue Katrins Kuchen vom Abendessen. Hello Schmitty verrät mir, dass die eine Krankenschwester doof ist, die anderen 100 Ärzte, Schwestern und Sonstige aber ganz supernett sind und sooo oft vorbeikommen, dass man kaum schlafen kann.
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